Schlechte Umsetzung mit System
Im Rahmen der Bachelor-Studiengänge läuft nicht immer alles rund. Das war auch in der letzten AstA-Revista zu lesen, der recht regelmäßig erscheinenden Zeitung des amtierenden AstA. Dort hatte die ehemalige Außenreferentin Imke Buß (ADF) ihre ganz persönliche Interpretation des Bologna-Prozesses dargestellt. Die Probleme insbesondere mit dem Bachelor seien Folgen „schlechter Umsetzung“ im Grunde positiv zu bewertender Reformideen. Wir hätten es also mit Entscheidungen zu tun, „die eigentlich nicht im Sinne des Bologna-Prozesses sind“.1
Die von den politischen Entscheidungsträger*Innen verabschiedeten Erklärungen sprechen hier jedoch eine ganz andere Sprache. Die Bologna-Erklärung selber knüpft ganz ausdrücklich an die ihr vorhergegangene Sorbonne-Erklärung an, über die es dort heißt: „Die Erklärung betonte die Schaffung des europäischen Hochschulraumes als Schlüssel zur Förderung der Mobilität und arbeitsmarktbezogenen Qualifizierung seiner Bürger und der Entwicklung des europäischen Kontinents insgesamt. “2
Von der Ausrichtung der Hochschulen auf ökonomische Prozesse ist auch deren interner Ablauf dezidiert nicht ausgenommen worden: „Insbesondere müssen wir uns mit dem Ziel der Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsystems befassen.“3
In diesem Sinne wird es als Ziel vergleichbarer Abschlüsse angesehen, „die arbeitsmarktrelevanten Qualifikationen der europäischen Bürger ebenso wie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsystems zu fördern.“4
Es geht beim Bologna-Prozess also zentral darum, die Konkurrenz auf allen Ebenen zu effektivieren, indem Vergleichbarkeit hergestellt wird: Vergleichbarkeit zwischen Hochschulen, aber auch Vergleichbarkeit zwischen Hochschulabsolvent*Innen. Das bei diesem Versuch, unterschiedliches auf einen Nenner zu bringen, die Bedürfnisse der Studierenden hinten runterfallen, darf also nicht verwundern. Schließlich geht es auch nicht um die, sondern um die Stärkung des Wissenschaftsstandortes Europa.
Dass diese Zusammenhänge bei der Autorin außen vor bleiben, ist dabei keineswegs verwunderlich. Schließlich hat sich die ADFlerin und ehemalige AstA-Referentin mittlerweile über den FZS hochgearbeitet zum Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und soll in dieser Funktion die Umsetzung des Bologna Prozesses unterstützen. In dieser Rolle ist es ihr Job, die Situation und die Hintergründe rund um Bachelor, Master und Bologna schönzureden. Warum sie dann allerdings in einem Blatt schreiben darf, das angeblich studentische Interessen zum Ausdruck bringen soll, möge sich jede*r selbst beantworten.
1) Imke Buß: Der Bologna-Prozess. Die Umsetzung verbessert sich nur langsam
2) Der Europäische Hochschulraum. Gemeinsame Erklärung der Europäischen Bildungsminister
19. Juni 1999, Bologna . Seite 2
3) Ebd.
4) Ebd. Seite 3