Spontandemonstration gegen die Räumung des besetzten Hauses in Erfurt
Dokumentation der Pressemitteilungen
Pressemitteilung zur Spontandemonstration in Göttingen am 16. April gegen die Räumung des besetzten Hauses auf dem ehemaligen Topf & Söhne Gelände in Erfurt und dem damit verbundenen Polizeieinsatz.
Am frühen Abend fand in Göttingen eine Spontandemonstration statt, die sich gegen die gewaltsame Räumung des besetzten Hauses in Erfurt am Morgen desselben Tages richtete. Es versammelten sich 60 Menschen am Marktplatz und zogen über die Weender Straße in Richtung Weender Tor. Am Carré wurden sie durch Polizeikräfte aus Göttingen und Braunschweig daran gehindert, die Demonstration fortzusetzen. In diesem Zusammenhang kam es von Seiten der eingesetzten Beamt*innen zu gewaltsamen Übergriffen, wie u.A. Faustschlägen gegen Gesicht und Oberkörper der Demonstrierenden. Unter dem pauschalen Vorwurf des Landfriedensbruchs, wurden alle Teilnehmenden der Demonstration einzeln aus dem Polizeikessel geführt. Sie wurden einer Leibesvisitation unterzogen – mitgeführte Gegenstände wurden protokolliert und mindestens zwei Transparente, aus bisher unbekannten Gründen, beschlagnahmt. Ein eilig herbeigerufener Anwalt konnte die Ingewahrsamnahme, das Abfilmen und -fotografieren einzelner Demonstrant*innen verhindern. Es dauerte drei Stunden bis die letzte der eingekesselten Personen wieder frei war. In dieser Zeit solidarisierten sich Bürger*innen mit den eingekesselten Personen in Form von Musik, kollektiven Zurufen („Eins, Zwei, Drei, lasst die Leute frei“) und Verpflegung (Wasser und Süßigkeiten).
Es ist damit zu rechnen, dass einige der Demonstrierenden mit weiterer staatlicher Verfolgung für die Ausübung ihrer angeblich demokratischen Rechte konfrontiert werden.
„Es zeigt sich einmal mehr, dass die Funktion von staatlichen Repressionsorganen wie Polizei und Justiz darin besteht, den Willen zu emanzipatorischen, gesellschaftlichen Veränderungen zunächst zu kriminalisieren und schließlich gewaltsam zu unterdrücken.“, so eine Teilnehmerin der Demonstration. Hierbei würde das Anliegen, das Unrecht der durch die politische Justiz angeordneten polizeilichen Räumung eines emanzipatorischen Freiraums öffentlich zu machen und zu bekämpfen, konsequent mit derselben Polizeigewalt beantwortet.
„Wir werden die Verfolgung emanzipatorischer Bewegungen weiterhin nicht tolerieren und solidarisieren uns mit den betroffenen Aktivist*innen."
(Quelle: Emailadresse squat.an[at]gmx.net)
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Pressemitteilung der redical M vom 17. April 2009
Solidaritätsdemonstration nach Häuserräumung in Erfurt eingekesselt Polizei beginnt das Säbelrasseln vor dem Nazi-Aufmarsch in Friedland
Am frühen Morgen des 16. April wurde in Erfurt die seit 8 Jahren besetzte ehemalige Ofenfabrik „Topf & Söhne“ durch die Polizei geräumt. Dort waren bis 1945 unter anderem Verbrennungsöfen für Konzentrationslager hergestellt worden. Erst die BesetzerInnen hatten dies ans Licht der Öffentlichkeit geholt und in der alten Fabrik ein Wohn- und Kulturprojekt aufgebaut. Mit einem massiven Polizeieinsatz, der eher an Fernsehbilder von „Anti-Terror-Einsätzen“ erinnerte als an eine Häuserräumung, wurde diesem Projekt nun ein vorläufiges Ende gesetzt.
Aus Solidarität mit den BesetzerInnen und aus Protest gegen den Polizeieinsatz versammelten sich noch am gestrigen Abend 70-80 Menschen in der Göttinger Innenstadt. Unter dem in Göttingen üblichen Vorwand, dass die Demonstration nicht angemeldet sei, wurde die Demonstration kurz vor Ende der Fußgängerzone durch die Polizei gestoppt und eingekesselt. Als TeilnehmerInnen versuchten aus dem Kessel auszubrechen, setzte die Polizei Schlagstöcke und Pfefferspray ein. 56 Menschen wurden vorläufig Ingewahrsam genommen und mit Strafanzeigen belegt. Die letzten Menschen konnten den Kessel erst nach dreieinhalb Stunden wieder verlassen.
„Ganz offensichtlich war es von Anfang der politische Wille der Polizeiführung diese Demonstration zu verhindern und an den TeilnehmerInnen ein Exempel zu statuieren.“ erklärte Alexandra Kahrlo, Sprecherin der redical M. Denn eine Anmeldung sei versammlungsrechtlich bei Spontandemonstrationen nicht notwendig. Außerdem hätte das riesige Polizeiaufgebot jederzeit die Kontrolle über die Demonstration gehabt.
„Dieser Polizeieinsatz ist als Versuch einer Machtdemonstration der Göttinger Polizei zu verstehen“ so Kahrlo weiter. „Dass in letzter Zeit auch einmal Demonstrationen in Göttingen unangemeldet gegen die Polizei durchgesetzt wurden, scheint der Polizeiführung immer noch ein dicker Dorn im Auge zu sein. Anders ist das völlig unverhältnismäßige Vorgehen nicht zu erklären.“
„Auch der geplante Nazi-Aufmarsch in Friedland dürfte eine Rolle für dieses Einsatzkonzept gespielt haben. Die Polizei will offensichtlich eine »zero tolerance-Linie« einschlagen und den legitimen Widerstand ersticken. Zudem dienen die über 50 eingeleiteten Strafverfahren ganz klar der Einschüchterung von AktivistInnen.“ vermutete Alexandra Kahrlo.
„Die Polizei kann sich aber sicher sein, dass dieses Kalkül nicht aufgeht – im Gegenteil: Bei vielen Menschen steigert dies nur den Willen mit den eigenen, legitimen Mitteln gegen den Nazi-Aufmarsch vorzugehen, auch aus Solidarität mit den nun von Repression Betroffenen.“
(Quelle: http://redical.org)