Basisdemokratisches Bündnis:

Ausgründung und Stellenabbau

Der alltägliche Zynismus einer Bildungsfabrik

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Neben Halterin von ungefähr 24.000 Studienplätzen, deren Inhaber_Innen gelegentlich nur den eigenen sozialen Abstieg im Blick haben, wenn es darum geht, Zumutungen und Kürzungen zu bekämpfen, ist die Universität Göttingen einer der größten Arbeitgeberinnen der Region Südniedersachsen.

Für viele lohnabhängig Beschäftigte der Universität Göttingen ist das kein Grund zur Freude. Vor einigen Jahren – in etwa, als das Hauen und Stechen um die Exzellenztöpfe in Gang gesetzt wurde – änderte sich die Sprache der Universitätsleitung. Man müsse die Universität aus einer betriebswirtschaftlichen Perspektive betrachten. Die Kosten müssten so niedrig, wie in einem Universitätsbetrieb nur irgendwie geht, gehalten werden. Die Universität bräuchte ein entscheidungsfähiges Gremium usw. Der Präsident und der Stiftungsrat – dessen Kompetenzen im Rahmen des Neuen Hochschulgesetzes noch weiter ausgeweitet werden sollen – sollten diese Aufgabe schließlich übernehmen.

Der auslösende Faktor für diese Veränderung der Sprache und der Praxis ist wohl die generelle Privatisierung des Bildungswesens. Die Universitäten sahen und sehen sich mit einer immerwährenden Verknappung der Mittel konfrontiert, die sie von irgendwoher nehmen müssen. Studiengebühren, Kostensenkung und Exzellenzinitiative sind dabei drei der entscheidenden Möglichkeiten, die der Universität im Rahmen der kapitalistischen Logik bleiben. Diese Maßnahmen wurden bereits mehr oder weniger auf Kosten der Studierenden und einzelner Fächer (sogenannte „Orchideenfächer“ wurden in den Jahren nach der Jahrtausendwende angegangen und weitestgehend geschröpft) umgesetzt.

Es geht aber auch den – von den Studierenden und den übrigen eher privilegierteren Statusgruppen meistens nicht beachteten – Beschäftigten im Niedriglohnsektor an die Gurgel. Zunächst wurden Hausmeisterstellen gekürzt, ausgelagert und deren Löhne im Zuge dessen drastisch verringert. Im nächsten Schritt sollen nun die Reinigungskräfte den gleichen Prozess durchlaufen und auch im Klinikum soll den Beschäftigten der Gastronomie und des Hauswirtschaftlichen Dienstes Ähnliches zuteil werden (siehe „Protestaktion..“ auf S. 6-7). Beispiele, an denen sich zeigen lässtassen, wie sehr die Löcher in den Landeshaushältern auf die Lohnabhängigen abgewälzt werden.

Schauen wir uns die sich verändernden Arbeitsbedingungen der Reinigungskräfte an der Universität Göttingen einmal genauer an. Dort entdecken wir ein nahezu klassisches Instrument der Arbeitgeber_Innen, um die Kosten an jenen Stellen zu senken, die ohnehin schon am wenigsten bekommen und in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden. In einem Leserinnenbrief im Göttinger Tageblatt heißt es, der Reinugungsdienst könne deshalb so angegangen werden, weil „Arbeitnehmer mit einfachen Tätigkeiten wie Reinigungsarbeiten in der Regel keine Lobby hinter sich wissen. Nun soll der Reinigungsdienst erneut zur finanziellen Erholung der ‘Elite-Universität Göttingen‘ beitragen.“

Die materiellen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen gehen einher mit einer ideologischen Offensive von Seiten der Universitätsleitung. In einem Artikel im Göttinger Tageblatt vom 23. Mai 2008 wird der Vize-Präsident Markus Hoppe zitiert mit der Aussage, die „Universität“ habe „eine große Achillesverse“. Gemeint ist damit, dass der Reinigungsbereich zu hohe Kosten verursache und man nun, mit dem Rechnungshof im Rücken, dort aufräumen werde. Wie das in der Praxis aussieht, soll im Folgenden nachgezeichnet werden.

Zunächst wurde die Arbeitszeit intensiviert, indem den Reinigungskräften zusätzliche Bereiche zugeordnet wurden. Aufgrund der Intensivierung sah sich die Universität nun in der Lage zu argumentieren, dass es zu viele Stellen gebe, weswegen keine Neueinstellungen mehr folgten. Die Zahl der beschäftigten Reinigungskräfte ist daraufhin von 300 auf weniger als 200 gesunken. Laut einer Beschäftigten sei es kaum noch möglich, die gestellten Aufgaben zu bewältigen. Im Juni letzten Jahres wurden dann auch die Reinigungsraten herunter gesetzt: Es wird weniger häufig geputzt. Anstatt dass nun die Reinigungskräfte eine Entlastung erfahren haben, wurden den Angestellten zusätzliche Arbeitsbereiche zugeteilt.

Zwar werden die Reinigungskräfte nach wie vor nach Tariflohn bezahlt (was aber dennoch bedeutet, dass sie die niedrigste Lohngruppe an der Universität Göttingen darstellen), doch nach der Ausgründung droht ihnen das gleiche Schicksal wie den Reinigungskräften an der Nord-Uni. Dort werden bereits private Reinigungsfirmen eingesetzt, die deutlich unter Tarif bezahlen. Damit werden erkämpfte Tarifverträge von der Universitätsleitung defacto unterlaufen.

Das eingesparte Geld soll vorgeblich der Forschung und Lehre zugute kommen, was im Klartext eine wiederholte Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums von Unten nach Oben bedeutet. Aber auch hierüber gibt es auf Seiten von Forschung und Lehre keinen Grund zu zynischer Freude über zusätzliche Mittel, die den anderen abgeknöpft werden: Umverteilt wird hier schließlich, wer die Einsparung bezahlt, nicht wer demnächst mehr Geld zur Verfügung hat.


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