Basisdemokratisches Bündnis:

O-Töne: Studierende zur Studiensituation

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Anna-Katharina, Psychologie im 4. Semester

„Theologie ist zum Glück noch nicht modularisiert. Ich habe aber im Bachelor angefangen, weil ich eigentlich gerne Theologie und Germanistik studieren

wollte. In dem neuen System ist es aber nicht möglich und auch gar nicht vorgesehen, Germanistik und Theologie zu kombinieren. Ich habe dann versucht, Lehramt und Pfarramt gleichzeitig zu studieren, was aber zeitlich überhaupt nicht zu machen ist. Es wird uns ja immer gesagt, wir sollten in unsere Bildung investieren und würden dafür etwas zurückbekommen. Was ich bisher in diesem System bekommen habe war nicht kritisches, innovatives Denken. Vielmehr gerät man in einen Mechanismus des Abarbeitens hinein. Ich konnte zum Glück noch auf Theologie auf Diplom wechseln.

Aber für meine gesamten Nachfolgegenerationen wird das nicht mehr möglich sein, da auch die Theologie modularisiert wird.“

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Titus - Mathematik 2. Semester

„Das Mathestudium im Bachelor bedeutet sehr sehr viel Arbeit. Man muss jede Woche zwei Übungszettel abgeben, für die man jeweils etwa zwanzig Stunden einrechnen muss. Wenn man wie ich dann auch noch ein Nebenfach hat – ich studiere im Nebenfach Politikwissenschaften – dann hat man eigentlich keine Möglichkeit, sich mal in diesem Nebenfach auf ein bestimmtes Thema zu konzentrieren. Man arbeitet immer nur oberflächlich, schreibt hier noch mal schnell ein Essay und da noch mal schnell eine Hausarbeit und hat dann zwei Wochen später wieder alles vergessen. Man kriegt nichts mit und nimmt nichts mit, von dem was man tut. Man macht es halt und es ist dann vielleicht auch gut und man kriegt vielleicht auch eine Note, die zufriedenstellend ist, wenn man unbedingt auf seine Noten achten möchte, aber letztendlich ist man selber nicht mit dem zufrieden, was man gemacht hat. Das ist blöd und es wäre schön wenn das anders werden würde.“

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Eliza - Jura&Ethnologie, 2. Semester

„Schon meine Fächerwahl scheint der erste Fehler gewesen zu sein. Die Fächer sind in keinster Weise aufeinander abgestimmt und die Juristen kümmert das überhaupt nicht. Ich habe zu wenig Zeit und kriege zu wenig Credits für meine Leistungen. Ich bekomme schlechte Noten in Jura, da ich genauso bewertet werde wie Leute, die nur Jura studieren.

Ich werde deswegen wahrscheinlich keinen Masterplatz bekommen. Da ich keine Zeit habe, um nebenbei arbeiten zu können, aber die Studiengebühren bezahlen muss, musste ich einen Kredit aufnehmen, den ich wahrscheinlich nicht werde zurückzahlen können, da ich mit einem Bachelorabschluss in Jura überhaupt nichts anfangen kann.“

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Roman - Biodiversität und Ökologie im 6. Semester

„Ich bin mit der aktuellen Situation nicht zufrieden, weil der Druck in unserem Studium wirklich immens ist. Im letzten Semester hatte ich 46 Semesterwochenstunden allein in der Uni plus Vor- und Nachbereitung. Hinzu kamen Protokolle und Klausuren. Dieses Semester hat es sich ein bisschen verringert, ich habe aber immer noch weit über 30 Stunden. Die ersten paar Semester war es nicht besser. Da war das Hauptproblem, dass wir eine extrem hohe Belastung durch die nichtbiologischen Nebenfächer, wie Physik und Chemie, hatten. Die Verantwortlichen in den Fakultäten, die die Nebenfächer bereitstellen, waren und sind nicht bereit, irgendwelche Kompromisse zu machen. Da geht von meiner Seite auch ein großer Schmähruf an die Dekanate der Physik und Chemie. Der Umgang mit Leuten, die nicht ihrem Studiengang angehören, ist dort unglaublich fürchterlich.

Aber in unserem Studiengang wurde schon einiges verbessert, aber auch nur, weil wir uns dafür eingesetzt haben, Dinge zu verändern. Im fünften Semester sind wir geschlossen zu den Verantwortlichen unseres Studienganges gegangen und haben sie gezwungen, eine Notstandsstudien- und Prüfungskomissionsitzung einzuberufen, auf der dannbeschlossen wurde, dass im fünften und sechsten Semester alle Klausuren in den Vorlesungen wegfallen. Das hat eine unglaubliche Erleichterung der Studienbedingungen gebracht. Das war aber nur möglich, weil wir geschlossen und zielgerichtet agiert haben und uns dafür eingesetzt haben, dass sich was ändert. Es lässt sich also was ändern. Geht zusammen zu den Leuten, die für euer Leiden verantwortlich sind und sagt ihnen, wie scheiße das ist, dann habt ihr die Möglichkeit, was zu verändern.“

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Tim - Geographie im 8.Semester

„Ich studiere ja noch auf Diplom und bin mit meinem Studium eigentlich ganz zufrieden. Wenn ich‘s vergleiche mit der Arbeitsbelastung der Bachelors ist mein Studium ganz in Ordnung, auch wenn ich trotzdem eine ganze Menge machen muss. Ich musste teilweise schon an Veranstaltungen im Bachelorsystem teilnehmen, wo viel mit Druck gearbeitet wird, mit Anwesenheitslisten und so. Im Großen und Ganzen bin ich aber weniger betroffen, zeige mich aber trotzdem mit allen solidarisch, die im Bachelor studieren müssen.“

Sarah* - Englisch&Französisch im 2. Semester Lehramtsbezogen

„Ich hab mir mein Studium nicht so vorgestellt, dass ich nur für Klausuren lernen und nebenbei beim Essen sparen muss, damit ich das Geld für die Studiengebühren zusammenbekomme. Ich will dafür lernen, später Wissen sinnvoll weitergeben zu können. Im Moment pauke ich aber nur dafür acht Klausuren in der Woche und auch am Wochenende schreiben zu können und sonst für nichts. Es bleibt nichts haften.“

*) Name auf Wunsch von der Redaktion geändert

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Jan - Politik & Philosophie im 2. Semester

„Die Arbeitsbelastung ist zu hoch. Es türmt sich ein immer höherer Berg von Sachen auf, die ich abarbeiten muss. Es ist kaum möglich, anderen Sachen nachzugehen, die ich sonst noch gerne machen würde. Ich fühle mich eingeengt. Eigentlich hatte ich mir das Studium so vorgestellt, dass ich Dinge aus Interesse wählen kann und die Zeit dafür finde, mich intensiv damit zu beschäftigen. Das ist im Moment leider nicht der Fall, da ich im Modulkatalog gefangen bin und wirklich nur auf die Klausuren hinarbeite und nicht für mein eigenes Wissen. Der Workload ist einfach zu hoch. Auch die Konkurrenzsituation, in die wir hineinmanövriert werden, nervt. Hinzu kommen die Studiengebühren. Es ist paradox, wie viel Geld plötzlich in die Wirtschaft gesteckt werden kann und wie wenig für die Bildung da ist.“


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