Gewaltsame DNA-Abnahme

Wegen eines Böllerwurfs will die Göttinger Staatsanwaltschaft eine DNA-Abnahme bei einem antifaschistisch engagierten Jugendlichen erzwingen. Bereits im Dezember 2010 hatten siebzehn Initiativen, Parteien, Abgeordnete, Studierendengruppen und Gewerkschaftsjugendliche eine Rücknahme gegen diese Maßnahme protestiert. Eine Verfassungsbeschwerde des Anwalts des Betroffenen wurde zuvor vom Verfassungsgericht ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen. Inzwischen ist der Jugendliche zur Fahndung ausgeschrieben.

AKTUELL: DNA-Entnahme vorerst geplatzt!

Pressemitteilung der Wohngemeinschaft des Betroffenen vom 7.1.:

Nach unserer ersten Pressemitteilung Anfang der Woche wenden wir uns wieder

[Soli-Demo am 30.01.2010 für die Rote Straße]
Soli-Demo am 30.01.2010 für die Rote Straße

an die Öffentlichkeit. Dafür gibt es zwei Gründe:

Der Rechtsanwalt teilte uns heute morgen mit, dass unser Mitbewohner von der Polizei wohl heute zur Fahndung ausgeschrieben werde.

Im Vorfeld der Ereignisse der letzten Tage, hatte uns unser Mitbewohner folgendes im Voraus mitgeteilt.

"Es ist mir nicht leicht gefallen eine Entscheidung zu treffen, die mich von meinen Freunden und Familie für einen unbestimmten Zeitraum trennen und meine Ausbildung gefährden wird. Trotzdem habe ich keine andere Möglichkeit gesehen, auf diese Situation aufmerksam zu machen. Ich habe volles Vertrauen darauf, dass meine Freunde und Freundinnen, Genossen und Genossinnen mich voll und ganz unterstützen. Was mich vor allem motiviert ist die Einsicht, welche gesellschaftliche Tragweite dieses Verfahren gegen mich hat und die Notwendigkeit, immer weiter und immer wieder öffentlich zu machen, welch einem ungerechtfertigten Druck ich als linker Aktivist ausgesetzt bin."

Nach einem Gespräch mit dem Rechtsanwalt wurde uns in aller Deutlichkeit bewusst, wie skandalös nicht nur das Verfahren um die Abgabe seiner DNA, sondern auch der Versuch, unseren Mitbewohner in den Kreis der Verdächtigen des Kreishaus-Verfahrens zu bringen, ist. Das nur weil er der politischen Polizei von linken Demonstrationen bekannt ist. Auch wir halten daher Proteste gegen die DNA-Entnahme und den Druck auf unseren Mitbewohner für legitim und notwendig. Der Strafverfolgungsbehörde in Göttingen scheint die politische Meinungsäusserung ein Dorn im Auge zu sein. Unser Mitbewohner ging gegen eine illegale Hausdurchsuchung auf die Strasse und wird wahrscheinlich in letzter Konsequenz in einer Verbrecherdatei gespeichert.

Wir fordern nochmal, von der Entnahme seiner DNA abzusehen, auch wenn alle jurisitischen Mittel ausgeschöpft sind.

Der Zustand, in den Polizei und Justiz uns versetzen, ist für uns alle untragbar. Schluss mit der Kriminalisierung linken Engagements! Hände weg von unserem Mitbewohner!

Hier findet ihr die erste Pressemitteilung der Hausgemeinschaft des Betroffenen vom 5. Januar.

Die Antifaschistische Linke International A.L.I. ruft deshalb zu einer Demonstration unter dem Motto "Betroffen ist eine/r, gemeint sind wir alle! Hände weg von linken AktivistInnen, Häusern und Strukturen!" am Samstag, den 22.01, auf.

Samstag | 22.1.2011 | 14.00 Uhr | Markt/Gänseliesel | Göttingen

Ihr findet im Folgenden die Pressemitteilung der A.L.I. dokumentiert:

Solidarität gegen staatliche Repression!

nachdem heute bekannt wurde, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe es ablehnt, die Verfassungsbeschwerde und einen Eilantrag gegen die zwangsweise DNA-Entnahme bei einem 20-jährigen Antifaschisten aus Göttingen anzunehmen, steht ab morgen eine gewaltsame Polizeiaktion bevor. Die Antifaschistische Linke International A.L.I. ruft zur Solidarität mit dem Betroffenen auf.

Die Göttinger Antifagruppe ruft dazu auf, den Jugendlichen nicht mit der Polizei alleine zu lassen: "Sollte sich die Göttinger Polizei tatsächlich erdreisten, den 20-Jährigen wegen eines angeblich geworfenen Silvesterböllers zur DNA-Entnahme abzuholen, gehen wir auf die Straße und statten der Polizei ebenfalls einen Besuch ab!". Im Falle einer erzwungenen DNA-Entnahme wird am selben Tag um 18.00 Uhr eine Kundgebung am Markt/Gänseliesel in Göttingen stattfinden.

Für Samstag, den 22. Januar 2011, mobilisiert die A.L.I. in diesem Zusammenhang zu einer Demonstration gegen staatliche Repression: "Knapp ein Jahr nach den Hausdurchsuchungen durch die Polizei in der Roten Straße, rufen wir wieder dazu auf, auf die Straße zu gehen, um die anhaltenden Angriffe gegen unsere Häuser, Strukturen und AktivistInnen abzuwehren!" erläuterte eine Sprecherin der Antifagruppe.

In einem offenen Brief hatten bereits im Dezember 2010 siebzehn Initiativen, Parteien, Abgeordnete, Studierendengruppen und Gewerkschaftsjugendliche eine Rücknahme der Aufforderung zur DNA-Entnahme gefordert und sich erneut gegen Kriminalisierung gesellschaftlichen Engagements gewandt.

Weitere Infos:

* der offene Brief verschiedener Organisationen gegen die DNA-Abnahme

* Verfassungsgericht erlaubt DNA-Entnahme

* Hintergrundartikel auf monsters

* Die Hausdurchschungen vor einem Jahr und die Demonstration dagegen

* Medienberichte dokumentiert auf der homepage der A.L.I.

* Infos zu weitere Fällen politischer Justiz und Repression gegen linke Aktivist*innen gibt es auf der Seite der Initiative für gesellschaftliches Engagement (IfGE)

Also: Betroffen ist eine*r, gemeint sind wir alle! Hände weg von linken AktivistInnen, Häusern und Strukturen!

Erschienen am: 05.01.2011 zuletzt aktualisiert: 09.01.2011 03:40 AutorIn: email-address

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