Proteste gegen gewaltsame DNA-Abnahme

Wegen eines Böllerwurfs erzwang die Göttinger Staatsanwaltschaft eine DNA-Abnahme bei einem antifaschistisch engagierten Jugendlichen. Am Freitag, den 28.01., erschien der Jugendliche auf der Polizeiwache. Die DNA-Entnahme dient sowohl der Kriminalisierung der Bewegung insgesamt, als auch der Einschüchterung des Betroffenen, der der Polizei bereits öfters als Teilnehmer von Demonstrationen aufgefallen ist. Am Abend der DNA- Entnahme fand eine Demonstration gegen diese Kriminalisierung statt.

Die Solidemo überquerte auch den Campus, wo die Polizei gezwungen wurde, sich zurückziehen. So schreibt die A.L.I. in ihrem Demo-Bericht: «Als ein Teil der Demo - erfreut über das Ergebnis der Uniwahlen am selben Abend (nach 10 Jahren endlich wieder ein linker AStA!) - vermummt und Parolen rufend durch das ZHG flanierte, sind einige der soeben abgewählten RCDS- und ADF-Amtsträger, unter ihnen Christian Zigenhorn, zu ihren PKWs am AStA-Gebäude geeilt, um diese schleunigst umzuparken.» Die Demo endete ohne Festnahmen.

Bereits am Samstag den 22.01.2011 fand eine kraftvolle Solidaritätsdemonstration unter dem Motto "Betroffen ist eine/r, gemeint sind wir alle! Hände weg von linken AktivistInnen, Häusern und Strukturen!" statt. Die Demonstration wurde mehrfach von Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) der Polizei angegriffen. Dabei wurden ca. 30 Demonstrant*innen verletzt. Einen Bericht von der Demo findet ihr auf der Seite der A.L.I.

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Bündnisaufruf zur Demo am 22.01.:

Gegen Kriminalisierung und politische Justiz

Am 27. Januar 2010 durchsuchte die Polizei rechtswidrig ein linkes Wohnprojekt in der Roten Straße, nachdem es in einer Teeküche des Landkreisamtes zu einer „Verpuffung“ kam. Bei der anschließenden Solidaritätsdemonstration am 30. Januar 2010 stellte sich die Polizei erneut provokativ vor die Wohnhäuser der Roten Straße, als die Demo eigentlich beendet werden sollte. In Folge fiel ein Silvesterknaller innerhalb der Demo zu Boden, ein Polizist meldete sich mit „Knalltrauma“ krank und ein linker Jugendlicher wurde als angeblicher Täter ausgemacht.

In den folgenden Wochen wurde das Konstrukt der Polizei eines angeblichen „Sprengstoffattentats in der Teeküche“ immer löchriger. Die Beamten wurden von KollegInnen für ihr unprofessionelles Vorgehen kritisiert, Beweismittel wurden durch die Polizei selbst unbrauchbar gemacht und trotz ausufernder Maßnahmen – bspw. der Kontrolle aller RadfahrerInnen Göttingens darauf, mit welchem Bein sie vom Fahrrad steigen – gab es keinerlei neue Erkenntnisse. Am Ende folgte, was abzusehen war: Einstellung der Verfahren, eine Blamage vor Öffentlichkeit und Vorgesetzten, schlicht die Ermittlungspleite.

Aber politische Repression kennt keine rationalen Argumente. Dem zuständigen Fachkommissariat 4, der Staatsschutzabteilung ist es weiterhin ein Anliegen, „Linke“ unter Druck zu setzen. In diesem Fall soll eine Zeugin im Kreishaus einen Mann mit „dunklem Teint“ gesehen haben. Linke „mit dunklem Teint“ kennt das Fachkommissariat 4 genau. Zügig suchen sich die BeamtInnen also eine Person aus und besorgen sich vom Einwohnermeldeamt Bilder für eine Lichtbildvorlage. Die Zeugin erkennt niemanden sicher, das hindert das Fachkommissariat jedoch nicht, einen Antrag auf Observation zu stellen, was selbst vor Gericht für absurd gehalten wird, – und bei eben jenem „Linken mit dunklem Teint“ eine DNA-Entnahme anzuordnen.

All dies mag vielleicht außergewöhnlich klingen und auf ersten Blick unlogisch erscheinen, insgesamt reiht sich dieser Vorgang aber nahtlos in eine lange Reihe der Repressionsversuche gegen Linke in Göttingen ein. An der Öffentlichkeit gingen diese nicht spurlos vorbei. Über ein Dutzend Repressionsfälle wurden in einem Reader zusammengestellt, Veranstaltungen abgehalten, selbst der Rat der Stadt stellte die Frage, ob derartiges Vorgehen wirklich Polizeiarbeit sein darf. Die Reaktion des Göttinger Polizeichefs Robert Kruse war es, sich den Göttinger Rat in nicht-öffentlicher Sitzung vorzuladen, einen Vortrag zu halten und alle Repressionsmaßnahmen für gut zu befinden – schließlich wird ja gegen Linke vorgegangen. Gewaltenteilung einmal andersrum.

Die linke, antifaschistische Kultur Göttingens ist wichtig. In ihrer Folge wurden Teile Südniedersachsens „zum weißen Fleck auf der Landkarte der Nazis“. Gleichzeitig bleibt sie ein Dorn im Auge von Innenministern, Polizeichefs und Oberstaatsanwälten.

Wenn die Repressionsmaßnahmen auf zu viel Widerstand stoßen, wird schnell umgeschwenkt und ein anderes Opfer auserkoren. Fakten hin oder her. Die Nachricht, dass derart durchsichtige Kriminalisierungsversuche in der Öffentlichkeit nicht unbeantwortet bleiben, scheint bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten in Göttingen immer noch nicht ganz angekommen sein und muss weiterhin laut und deutlich in die Öffentlichkeit getragen werden.

Daher rufen wir für den 22. Januar 2011 um 14 Uhr zu einer Demonstration ab Markt/Gänseliesel Göttingen unter dem Motto

„Betroffen ist eine/r, gemeint sind wir alle! Hände weg von linken AktivistInnen, Häusern und Strukturen!“ auf.

Es ist wichtig, den Betroffenen in dieser Situation nicht alleine zu lassen. Er steht stellvertretend für alle potentiellen Demonstrierenden. Sollte es zu einer DNA-Entnahme und Zwangsmaßnahmen kommen, rufen wir dazu auf, den Antifaschisten aktiv zu begleiten sowie abends um 18 Uhr mit einer Kundgebung am Gänseliesel unserer Solidarität Ausdruck zu verleihen. Gleichzeitig fordern wir den Verzicht von weiteren polizeilichen Grenzüberschreitungen, wie sie z.B. illegaler Weise mit Hausdurchsuchung im Januar 2010 angewandt wurden.

Unsere Solidarität gegen ihre Repression!

Einen weiteren Aufruf der A.L.I. findet ihr auf der Homepage der Gruppe.

Den Aufruf der redical [M] findet ihr hier.

Erschienen am: 09.01.2011 zuletzt aktualisiert: 29.01.2011 18:02 AutorIn: email-address

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