Was macht eigentlich die neue Opposition?
ADF und RCDS auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit
Der Niedergang der ADF
Am Anfang des Jahres, als der neue AStA sich konstituierte, machte die ADF zumindest noch im Studierendenparlament viel Krach und setzte alles daran, bloß nicht weiter über den Finanzskandal reden zu müssen. Während sie die konstituierende Sitzung des StuPa durch mehr oder weniger alberne und endlose Fragerunden an die neuen Referent*innen in die Länge zogen, bekam man das Jahr über aber eher das Gefühl, dass es eigentlich kaum so etwas wie eine neue Opposition gibt.
Leere Sitze im Studierendenparlament
Die immerhin noch 14 Sitze der ADF wurden von Sitzung zu Sitzung immer leerer – in der vorletzten Sitzung nahm gar nur noch ein einzelnes ADF-Fraktionsmitglied an der Sitzung teil. Die letzten StuPa-Sitzung im Dezember fand gar vollständig ohne Beteiligung von ADF (und RCDS) statt. Man hätte genauso gut ein Plenum aller linken Hochschulgruppen einberufen können.
Als die ADF noch anwesend war, sah das Bild kaum besser aus: Während die meisten eher gelangweilt herum saßen, redeten ohnehin fast nur noch zwei Altkader aus der ADF und suchten verzweifelt nach formalen Fehlern, die man eventuell noch dem AStA ankreiden könnte. Einer davon ist sogar gar nicht mehr Mitglied der ADF-Fraktion und wohnte dem StuPa streng genommen nur als Gast bei.
Geschicktes Rechnen
Ebenso wie im StuPa, das bis dato einer der Lieblingsspielwiesen der ADF darstellte, sieht auch das Bild außerhalb des Parlaments aus: Als Auftakt zur Legislatur sei da der wirklich bis dato blödeste Wadenbeißer (Nr. 89) zu erwähnen, der den Studierenden je zugemutet wurde: Mit ausufernden Artikeln über Drehtüren im ZHG und Marmorplatten an der SUB langweilte sich die ADF in ihrer ersten Publikation so vor sich hin. Auch die wenigen Ausgaben später vermitteln das Bild, als wäre die ADF weder in der Lage, Hochschulpolitik außerhalb des AStA zu betreiben, noch eine ernstzunehmende Kritik an der Arbeit des amtierenden AStA zu entwickeln.
Im Gegenteil, in ihrer Verzweiflung darüber, dass der linke AStA gute Arbeit leistete, machte sich die ADF daran auch noch den letzten verbliebenen Rest an Glaubwürdigkeit über Bord zu werfen: So konnte man etwa einen zwar ermüdenden, aber auch von Halbwahrheiten und Falschinformationen strotzenden Artikel über den angeblich rechtswidrigen Haushalt des AStA im Wadenbeißer Nr. 89 lesen. Abgedruckt wurde dieser just einige Tage nachdem die ADF mit einer Beschwerde bei der Rechtsaufsicht bereits gescheitert war. Diese hatte festgestellt, dass es an eben diesem Haushaltsplan nichts zu kritisieren gibt.
Stimmung machen wollte die ADF damit aber scheinbar trotzdem. Den Artikel könnte man mit einem müden Lächeln beiseite legen, hätten sie nicht noch eine große Frechheit eingebaut: Die Behauptung, die Personalkosten seien beim neuen AStA unverantwortlich hoch gestiegen. Zu dieser Lüge können sie sich nur deswegen durchrechnen, weil sie schlicht die rund 100 sog. „externen Stellen“, die sie in ihrer Amtszeit regelmäßig zur finanziellen Versorgung vieler Leute von der eigenen Wahlliste geschaffen hatten, weggelassen haben. Rechnet man diesen Posten, der von stattlichen 42.000€ auf Null gesenkt wurde, ein, kommt man trotz drei neuer Referate auf Personalkosten in Höhe von rund 179.000€. Das Jahr zuvor gab der ADF/RCDS-AStA rund 192.000€ für Personal aus.
Aktivenschwund
Gerade der Wegfall des Zugriffs der ADF auf diese Personalfinanzierung könnte ein Teil der Erklärung dafür sein, warum Göttingens selbsternannte „größte hochschulpolitische Gruppe“ unter massiven Schwund an aktiven Mitgliedern leidet. Die ADF konnte schlicht keine Mitglieder mehr mit Geldgeschenken durch Jobs im AStA für Engagement in der eigenen Gruppe begeistern – anscheinend einer der zentralen Anreize, innerhalb dieser Gruppe aktiv zu werden. Unfreiwillig wurde das sogar in einer StuPa-Sitzung eingestanden, als kaum ein ADF-Mitglied auftauchte. Die Abwesenheit wurde damit begründet, dass die vielen ADF-Mitglieder ihr Studium anderweitig finanzieren müssten und daher keine Zeit mehr für das Parlament hätten.
Lug und Trug
Noch ein letztes Mal trumpfte die ADF mit der Dezember-Ausgabe des Wadenbeißers (Nr. 91) auf. Als getitelt wurde, dass ein unglaubliches „Chaos beim Semesterticket“ bestünde, schafften sie es dann doch noch einmal mit einer Diskussion, welche die gesamte Studierendenschaft durchzog, Stimmung gegen den linken AStA zu produzieren. Dieses mal hatte man jedoch alle Hemmungen vor Lügen und Falschinformationen verloren: In diesem Artikel wurde nicht bloß kreativ herumgerechnet, bis ein Skandal heraus kam, sondern schlicht eine Lüge an die andere gereiht. Um noch irgendwie über die nächste Wahl zu kommen, ist sich die ADF inzwischen scheinbar für nichts mehr zu schade. Da der Artikel sehr breit diskutiert wurde, aber so gut wie nichts daran der Wahrheit entspricht, haben wir euch alle Falschinfos und die nötige Richtigstellung im Kasten rechts auf Seite 13 einmal für euch abgedruckt.
Schlussendlich kann man festhalten, dass die ADF offenbar in ihr letztes Zerfallsstadium eingetreten ist. Mitglieder bleiben weg, Hochschulpolitik findet nicht mehr statt. Ernsthafte Oppositionsarbeit ist ebenso inexistent, wie es die Arbeit im AStA in den letzten Jahren war. Während sich mit dem Finanzskandal bereits die Fassade von der „sachorientierten Politik im Sinne der Studierenden“ als organisierte Plünderung der verfassten Studierendenschaft heraus gestellt hatte, hat die ADF jetzt auch ihre letzten Bemühungen darum, eine scheinheilige Aura von Seriosität zu verbreiten, aufgegeben. Bleibt eigentlich nur noch zu hoffen, dass dieses Elend bald ein Ende hat und die ADF sich in Wohlgefallen auflöst.
Kasperletheater RCDS
So richtig Aufmerksamkeit auf sich vereinen konnte der RCDS eigentlich schon lange nur durch AStA-Beteiligung im Schatten der ADF. Dementsprechend dünn sieht es jetzt auch aus, will man ein Fazit aus einem Jahr RCDS in der Opposition ziehen.
Über die Aktivitäten des RCDS gibt es nämlich eigentlich kaum etwas zu schreiben. Waren sie im StuPa mal anwesend, so waren sie die meiste Zeit stumm oder betrunken. Hier und da wurden alberne Anträge eingebracht, die meistens kurz bevor sie behandelt worden wären, wieder zurück gezogen wurden – entweder war niemand vor Ort, der*die in der Lage war, sie vorzustellen, oder der RCDS hat es sich schlicht in letzter Minute anders überlegt.
Klientelpolitik
Ansonsten übte sich der RCDS in Klientel- und Parteipolitik: Bekanntlich besteht diese Hochschulgruppe zu einem großen Teil aus Verbindungsstudenten und Burschschaftern. Entsprechend bemühte sich der RCDS um Schadensbegrenzung, als bundesweit über rassistische Umtriebe in der Verbindungsszene diskutiert wurde, nachdem ein internes Papier des Dachverbands Deutsche Burschenschaft veröffentlicht wurde, in dem gefordert wurde, einen „Ariernachweis“ zur Bedingung für die Aufnahme in Verbindungen einzuführen.
Nebenbei wurde auch gegen den AStA polemisiert, dass er sich nicht für die Belange dieser Studierendengruppe einsetzen würde. Als dieser dann das bereits geplante „falsch verbunden?“-Beratungstelefon ins Leben rief, schimpfte der RCDS darüber, dass ihr Klientel nun zu viel Aufmerksamkeit bekommt, die es angeblich verunglimpfen würde. In der Zwischenzeit wurde das Telefonangebot bereits von vielen genutzt.
Parteiloyalitäten
Das einzige andere Thema, mit dem der RCDS an die Öffentlichkeit trat, drehte sich um die Verteidigung der eigenen Parteifreund*innen in der Landesregierung. Der Göttinger AStA boykottierte im Sommer gemeinsam mit vielen anderen niedersächsischen Asten ein Gespräch mit der Bildungsministerin Wanka. Ziel des Boykotts war es, die Studiengebührenpolitik der CDU-Landesregierung öffentlichkeitswirksam zu kritisieren. Dies gelang.
Der RCDS übte sich darauf hin in Argumentationsakrobatik und versuchte aus konsequenter Politik gegen Studiengebühren ein „Nicht-Wahrnehmen der Interessenvertretung der Studierenden“ des AStA zu konstruieren. Dass der RCDS dabei wieder einmal offenbarte, dass er sich darüber, ob die Studiengebühren abgeschafft gehören, nicht ganz sicher ist und im Zweifelsfall die Parteizugehörigkeit zur CDU im Vordergrund steht, dürfte nicht sonderlich überraschen.
Alles in Allem gab es vom RCDS auch dieses Jahr außer diesen paar Albernheiten nichts Relevantes für die Studierendenpolitik zu hören. Ohne die Chance, auf den ADF-Zug aufspringen zu können, scheint der RCDS in Selbstbeschäftigung mit den eigenen Verbindungs- und Parteistrukturen zu versinken. Auf der Bühne der Bildungspolitik wird sie aber wohl auch kaum jemand vermissen.