Gegen das Plakatierverbot
Am Anfang dachten alle, es wäre ein Scherz. Als vor ein paar Jahren im Göttinger Tageblatt von dem Ansinnen des hiesigen Oberbürgermeisters Jürgen Danielowski zu lesen war, er wolle das Plakatieren in der Innenstadt unterbinden, mochte niemand so recht an die Umsetzung glauben. Nach Danielowskis Vorstellungen sollten sich die BürgerInnen als KundInnen zum Shoppen animiert fühlen, die Konsumtempel sollten in strahlender Schönheit die Wahrheit von Geld und Ware verkünden. Mittlerweile ist aus dem Wahn Realität geworden. Überall herrschen Sauberkeit und Ordnung. Eine richtige deutsche Stadt.
Und wie das so ist, bleibt in aller Regel auch die Uni von solchen Entwicklungen nicht verschont. Genauso wie der Wahn von Privatisierung, Deregulierung und Liberalisierung bereits an der Uni Einzug gehalten hat, soll die Ausweitung der Marktgesetze nun auch hier von Sauberkeit und Ordnung sekundiert werden. Eine richtige deutsche Uni.
Zunächst waren es die diversen Plakatierverbote, die die Verbreitung studentischer Informationen erschwerten. Dass das Innere der universitären Gebäude nicht mit Plakaten verschönert wird, verwundert ehemalige Studis bei jedem Besuch in unserer Uni. Die auf diese Weise für soziale, studentische, politische und kulturelle Zwecke nutzbaren Flächen werden immer mehr eingeschränkt. Was für das Theologicum schon lange galt, wird seit einem halben Jahr auch verschärft im Sozio-Oeconomicum durchgezogen: sichtbare Plakate werden abgerissen, wer etwas aufhängen will braucht für jedes einzelne Plakat eine gesonderte Genehmigung.
Der Widersinn darin sollte nicht übersehen werden: einerseits ist von Deregulierung und Entbürokratisierung die Rede, andererseits muss wegen jedem Plakat ein unglaublicher Aufwand betrieben werden. Eine weitere Perfiderie am Rande: eingeführt wurde diese Regelung nach einem Gespräch von Unileitung und dem AStA-Vorsitzenden. Dafür an dieser Stelle noch mal ein herzliches Dankeschön.
Was da bleibt, ist nur ein verstärktes Verteilen von Flyern und Flugblättern. Da allerdings ist das Studentenwerk vor. Das Studi-Werk, einst als Selbsthilfeorganisation der Studierendenschaft gegründet, hat neuerdings das Verteilen von Flyern im Mensa-Foyer untersagt. Damit es auch dort sauber und ordentlich werden kann, darf nur noch Zettel verteilen, wer vorher dafür zahlt. Warsteiner hat die Kohle – studentische oder gemeinnützige Organisationen oft nicht. Das mit solchen Maßnahmen gleichzeitig jegliches studentische Flair, jedes Überbleibsel von der Uni als Lebensraum zerstört wird, steht allerdings nicht auf einem anderen Blatt – sondern auf dem selben.
Wo wir gerade bei „Lebensraum Uni” sind: Vor einigen Jahren war es für studentische Organisationen noch recht gut möglich, sich durch Parties an der Uni zu finanzieren. Mittlerweile ist aber auch die Anmietung von universitären Räumen derartig verkompliziert und verteuert worden, dass das Basisdemokratische Bündnis beispielsweise mehr und mehr auf außer-universitäre Locations umzusteigen beginnt. Gleichzeitig finden aber kommerzielle Parties in dichtem Takt in Mensa-Foyer und ZHG statt.
Die Business-Uni umfasst eben alles gleichermaßen: schlechtere Studienbedingungen, schlechteren Informationsfluss und teurere Parties.
Zum Weiterlesen:
Ausführlicherer Artikel zum Plakatierverbot: Schöne saubere Uni - Plakatierverbot, Flugblattverbot, Hausverbot