Basisdemokratisches Bündnis:

Never trust the Bachelor!

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Der Uni-Präsident von Figura wird die Entwürfe für die Bachelor-Studiengänge Pädagogik, Politik- und Sportwissenschaften nicht zur Akkreditierung einreichen. Das verkündete er am 10.11. auf der Fakultätsratssitzung der SoWis, und besiegelte damit das faktische Ende dieser drei Fächer. Einen Bachelor einzuführen könne er nicht verantworten, da unter den gegebenen Umständen die erforderliche Lehrqualität nicht zu garantieren sei, so seine Begründung.

o ganz Unrecht hat er damit nicht. Rosig ist die Situation der Lehre in diesen, und vielen anderen Fächern, nicht. Die Kürzungsprogramme der vergangenen Jahre, die er selbst gerne verteidigt oder gleich selbst mit gestaltet, haben die Universitäten konsequent handlungsunfähig gespart. Die Zahl der Seminare und Vorlesungen wird seitdem kleiner, während die Zahlen der Studierenden pro Lehrveranstaltung entsprechend größer werden.

Bachelor vs. Orchideenfächer

Aber darum ging es Herrn von Figura auch gar nicht. Sein Argument bezog sich nicht so sehr auf die Frage, ob die Fächer überhaupt in der Lage wären, ihren Lehrbetrieb aufrecht zu erhalten, sondern vielmehr darauf, ob die Fächer in der Lage sind, einen Bachelor-Studiengang anzubieten. Unter dieser Voraussetzung sieht die Sachlage auch schon ganz anders aus: Die notwendigen Voraussetzungen, die für die Einführung eines Bachelor-Studiengangs erfüllt sein müssen, sind so angelegt, dass sog. Orchideenfächer (kleinere Fachbereiche) strukturell benachteiligt sind. Denn um einen eigenständigen Bachelor anzubieten ist mehr Lehrkapazität notwendig, als kleinere Fachbereiche bisher leisten mussten. Prinzipiell ist mehr Lehre begrüßenswert, wenn auch nicht unbedingt in der Form der verregelten und vereinheitlichten Bachelor-Studiengänge. Unter den gegebenen Umständen hat dies allerdings nicht den Effekt, das Lehrangebot zu verbreitern, sondern ganz im Gegenteil entpuppt sich der Bachelor als Schnitter der Orchideenfächer. Da in Zukunft im Rahmen des sog. Bologna-Prozesses1 der Bachelor (mit wenigen Ausnahmen) als alleiniger Studiengang durchgesetzt werden soll, wird nur noch lehren können, wer einen vollständigen Bachelor anbieten kann.

Was nicht in das Bachelor-Konzept passt, steht damit vor dem aus. Der einzige Ausweg, der den Orchideenfächern bleibt, ist sich als „Modul” einem anderen Bachelor-Studiengang anzugliedern, insofern das Fach in das Konzept dieses Bachelors passt. So braucht es z.B. einen gemeinsamen „Schwerpunkt”, was gerade jene Vielfalt wieder einebnet, die die Orchideenfächer darstellen. In vielen Fällen macht ein Bachelor aus vielen kleinen Fächern gar keinen Sinn: Z.B. Fächer wie Japanologie und Sinologie zu einem „BA Ostasienwissenschaften” zusammenzufassen wäre absurd: Eine umfassende Sprachausbildung in mageren 6 Bachelor-Semestern zu gewährleisten ist illusorisch.

In dieser Hinsicht müssen nicht nur die drei Sowi-Fächer um ihr Fortbestehen bangen. Herrn von Figuras immer häufigere Rede davon, dass er sich für „die vielen Orchideenfächer in Göttingen rechtfertigen” müsse, lässt nichts Gutes erahnen.

Do you fit in?

Dass der Hebel zunächst an den sozial- und geisteswissenschaftlichen Fächern angelegt wird, geschieht allerdings nicht ganz zufällig. Dies zeichnete sich bereits an Auseinandersetzungen um den Bachelor im Vorfeld ab: Ein konsistentes Konzept auszuarbeiten gestaltete sich gerade an der Sowi-Fakultät schwierig. Besonders die Politik geriet als erstes unter Beschuss, weil zunächst kein einheitliches Bachelor-Konzept vorgelegt werden konnte.

Dies ist aber nicht einer „Führungsschwäche” des Seminars für Politikwissenschaften geschuldet, wie von Figura bereits seine damalige Schließungsdrohung begründete. Vielmehr lassen sich die Unstimmigkeiten auf einen durch den Bologna-Prozess forcierten, ideologischen Bildungs- und Wissenschaftsbegriff zurückführen, der sich in der Struktur des Bachelors ausdrückt: „Bildung” wird hier als Vermittlung von beliebig quantifizierbarem, objektivem Wissen verstan-den, dass vom Dienstleister Uni den Studierenden verkauft wird. Ein selbstbestimmter Reflektionsprozess, geschweige denn eine kritische Auseinandersetzung, kann darin nicht vorkommen. Folgerichtig braucht es in diesem Konzept auch keine pluralen Wissenschaften – verschiedene Ansätze werden qua „Schwerpunktbildung” eingeebnet. Ein universelles und umfassendes Studium verliert vor diesem Begriff unzusammenhängender Wissensquanta seine Begründung – damit passen auch das Einebnen der Fächervielfalt und das sog. „Clustering”2 ins Konzept. Der Bachelor degradiert vielmehr das Studium zur vereinheitlichten Grundausbildung, die unter der Ägide der „Vergleichbarkeit” weder verschiedene Ansätze, noch individuelle Studienverläufe erlauben kann. Die „Reibungen” bei dessen Einführung gehen also weniger auf eine „Schwäche” der Fächer, als vielmehr auf die gleichschaltenden und für vielfältige Wissenschaft unpassenden Kriterien des Bachelor-Konzepts zurück.

Fazit

Nun erscheint die Akkreditierung des Bachelors der drei betroffenen Sowi-Fächer zunächst als die „realistischste” Forderung, um jene Fächer zu retten. Jedoch hieße das, den Bock zum Gärtner zu machen, denn eine solche Rettung stünde von Anfang an auf wackeligen Beinen: Ist doch der Bachelor gerade einer der Instrumente zur „Umstrukturierung”, vor dessen Realität die betroffenen Fächer nun stehen. Stattdessen gilt es dem reduzierten Bildungsbegriff einen Gegenentwurf entgegen zu setzen, der mindestens den Magister zurück, oder, wenn wir schon beim „Umstrukturieren” sind, besser gleich ein darüber hinausgehendes, selbstbestimmtes Studium einfordert. Das erfordert auch eine weitergehende Kritik an den maßlosen Kürzungen, den Konzepten von Elite-Uni, „Clustering” und natürlich dem Bachelor bis hin zum Bologna-Prozess und dessen Wurzeln (siehe Seite 2). In einem solchen Kontext bekommt der Erhalt der Fächervielfalt einen Sinn und eine „realistische” Perspektive.

1) Als Bologna-Prozess wird ein EU-weites Programm zur „Umstrukturierung” des Bildungssektors bezeichnet: Wesentliche Bestandteile sind die Einführung von BA/MA und eine stark am Arbeitsmarkt und an ökonomischen Kriterien orientierte Bildungslandschaft. (vgl. ”Bologna oder Frikassee” )

2) Das sog. "Clustering" ist ein weiterer Grund, der für die Schließungen angeführt wird: Dabei geht es darum, Schwerpunkte an einzelnen „Standorten” gebildet zu bilden, die verschiedene Fächer von unterschiedlichen Universitäten konzentrieren.


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