Basisdemokratisches Bündnis:

Ein Jahr Bachelor

eine traurige Bilanz

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Seit genau einem Jahr ist es möglich, in Göttingen mit dem Ziel Bachelor und der Studienrichtung Lehramt zu studieren. Zu diesem Jahr ist es dann erstmals möglich, auch ohne Lehramtsoption „Bachelor” zu studieren. In beiden Fällen wurden Versprechungen nicht gehalten, teilweise ist das Studium nicht studierbar. Beschwerden und Probleme häufen sich, die Beratenden und Prüfungsämter beginnen zu verzweifeln, von den Studierenden ganz zu schweigen. Zeit also, eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Das Problem am Bachelor Studiengang ist nicht ein kosmetisches, es ist strukturell. Zwar scheint es auf den ersten Blick ganz vernünftig, nicht alle Prüfungen am Ende abzulegen, sondern während des Studiums, auch ist die Idee, sich nach drei Jahren neu orientieren zu können, nicht dumm. Der Teufel steckt aber im Detail. Die Belastung, die es bedeutet, ab dem ersten Semester Leistung erbringen zu müssen, ist enorm: Mit der Uni fängt ein neuer Lebensabschnitt an, der eine Eingewöhnungsphase braucht. Diese entfällt, denn schließlich ist inzwischen klar, dass der Übergang zum Master eine bestimmte Note erfordert. Für das Lehramt zwischen 2,3 und 3,0. Von der mal versprochenen Durchlässigkeit von 100% zwischen BA und MA für die Lehrämtler keine Spur mehr. Vor allem in den Naturwissenschaften ist dies nicht einfach zu erreichen, da heißt es pauken ab dem ersten Tag. Die durchschnittlich benötigten 30 Credits pro Semester - also 1800 Arbeitsstunden im Jahr - scheinen da nicht zu hoch veranschlagt. Bei 6 Wochen Ferien ist das eine wöchentliche Arbeitszeit von über 39 Std. Das Studium bereitet also optimal auf die Leistungsgesellschaft vor.

Die Frage ist, ob das Sinn macht. Neben einem hohen Ausschuss (Abbrecherquoten von 20-60 % werden Normalität) und der persönlichen Belastung leidet auch, absurderweise, die Bildung. Wem das paradox vorkommt, der möge ein Semester BA studieren und sich davon überzeugen, dass das Hirn irgendwann keinen neuen Input mehr verarbeiten kann. Das führt dazu, dass man beginnt, pragmatisch zu arbeiten. Wird eine Veranstaltung nicht benotet, wird natürlich auch kaum gelernt. Schließt ein Seminar mit einer Hausarbeit ab, liest man im Semester die Texte auch nicht. Der Wissenszuwachs fällt unter Umständen geringer aus als nach einem Semester mit wenigen Veranstaltungen. Das Kurzzeitgedächtnis hingegen wird gut trainiert.

Warum also das Ganze? Die Antwort lautet gerne Internationalisierung, Anpassung an den Markt, schnellere Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt etc. Dass dies Augenwischerei ist, fällt spätestens bei der Planung des Auslandsaufenthalts auf. Schließlich gibt es in den wenigsten Ländern die Möglichkeit, zwei Fächer gleichwertig zu studieren, geschweige denn das Lehramt nach deutschem System. Nicht einmal innerhalb Deutschlands ist die Äquivalenz gegeben, an anderen Unis wird auch nach anderem System studiert, z.B. mit einem Schwerpunktfach. Ein Uniwechsel oder das Studium im Ausland ziehen nach wie vor umständliche Anrechnungsprozeduren nach sich. Zeit verlieren wird mensch dabei ebenso. Perfiderweise gilt das nicht nur innerhalb des Bachelors sondern auch beim Übergang in den Master, u.U. iIst man z.B. trotz Bachelor in Deutsch und Philosphie an der HU Berlin und Zulassung zum Master of Education in Göttingen gezwungen, im Bachelor Scheine nachzuholen.

Der angehende Bachelor ist auch nicht schneller fertig, sondern bricht einfach ab oder studiert viel länger, weil der Studiengang im Jahresturnus organisiert ist. Schafft man eine Prüfung nicht oder ist länger krank, verzögert sich das Studium im Extremfall um ein Jahr. Die Alternative heißt, Veranstaltungen aus zwei Semestern gleichzeitig studieren - wenn möglich, denn teilweise verbieten die Prüfungsordnungen dies oder Kurse werden nur jährlich angeboten. Also eine 50-60 Std. Woche. Kaum zu glauben, ist aber so.

Hegt man jetzt auch noch den Wunsch, seine Studiengebühren durch Arbeit zu finanzieren, wartet eine spaßige Uniwoche.

Ein starkes Argument für den Bachelor war schließlich seine Flexibilität.

"Da der Bachelorabschluss berufsqualifizierend ist, haben die Studierenden nach dem Bachelor die Möglichkeit zwischen drei Optionen zu wählen:

a) einem fachwissenschaftlichen Masterprogramm,

b) dem Masterstudium in der Lehrerbildung und

c) einer Berufstätigkeit außerhalb der Universität." (Quelle: Homepage der Planungstelle Lehramt, zuletzt aufgerufen am 28.09.2006)

Nun sieht es so aus, als wäre der berufsqualifizierende Anteil, der spätestens ab diesem Semester zur Wahl steht, nicht studierbar. Intern wurde er daher bereits "Mogelpackung" getauft. Die Möglichkeit, in den fachwissenschaftlichen Master zu wechseln, besteht für diejenigen, die bereits im WS 05/06 begonnen haben, auch nicht, denn sie werden erst 2009/10, also ein Jahr nach den Abschluss im BA eingerichtet. Was bleibt, wurde auf Leitungsebene ganz unverblümt als "Loser-Abschluss" tituliert.

Dies sind Versäumnisse der zuständigen Gremien und der Unileitung, und sie wären vermeidbar gewesen, denn manche Probleme waren abzusehen.

Der Bachelor ist unausgegoren und schränkt die Entfaltungsmöglichkeiten des Individuums erheblich ein. Er verkürzt weder die Studienzeit, noch ist man am Ende klüger als nach einem Studium im alten System. Dass unsere Universität unter erheblichem Druck und in letzter Minute die Vorgaben des Bologna-Prozesses umgesetzt hat, verschärft die Problematik noch. Bezogen auf die Phil-Fak darf übrigens auch getrost gesagt werden, dass die studentischen Vertreter es versäumt haben, auf die Betroffenen zuzugehen und die Probleme weiterzuleiten.


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