Urabstimmung gescheitert

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Wenn Inkompetenz und Unwillen zusammen kommen, ist die Chance für einen Erfolg nahe null. So könnte man die „Bemühungen” des AStA im Bezug auf den Studiengebühenboykott wohl beschreiben. Das Ergebnis dieser "Bemühungen" ist nun bekannt. Nur 13,2 Prozent der Wahlberechtigten haben mit Ja gestimmt. 15 Prozent wären nötig gewesen. 22,7 Prozent der gültigen Stimmen wurden gegen den Boykott abgegeben. Der AStA-Tragende RCDS hatte ja bereits im Stupa gegen den Antrag ihrer Koalitionspartnerin ADF gestimmt. In der Praxis hat nun auch die ADF bewiesen, dass sie die Organisierung eines Boykotts mehr als eine lästige Verpflichtung angesehen hat.

Bereits vor 4 ½ Monaten hat das Studierendenparlament (Stupa) beschlossen, eine Urabstimmung für die Einrichtung eines Treuhandkontos zum Zweck eines Studiengebührenboykotts durchzuführen. Die Opposition stimmte damals für die Abhaltung der Urabstimmung, weil sonst gar kein positiver Beschluss im Sinne eines Boykotts zustande gekommen wäre. Nicht einmal sachliche Einwände zur Formulierung der Urabstimmungsfrage wollte der zuständige AStA-Referent einarbeiten. Einzige Begründung: Seine Fraktion sei nicht bereit den Vorschlag des Basisdemokratischen Bündnis (BB) anzunehmen. Die Opposition wandte gegen die Urabstimmung ein, dass damit bereits sehr früh im Semester über eine so wichtige Frage entschieden würde und fragte, ob sich der Asta in der Lage sähe bis dahin genug Aufklärungsarbeit über den Boykott leisten zu können.

Diese Frage hat sich inzwischen geklärt: Nein. Noch drei Monate nach dem Stupabeschluss – zu Beginn des Semesters – gab es noch nicht einmal einen Hinweis auf den Boykottt auf der AStA-Homepage. Es dauerte weitere zwei Wochen und viele Aufforderungen im Semester – bis es überhaupt möglich war, dort zu erfahren, dass es einen Boykott geben soll. Drei Wochen vor Beginn des Semesters gab es ein erstes Treffen zwischen den linken – also aktiven – Hochschulgruppen und dem Asta. Auch dieses Treffen ging auf die Initiative des BB zurück. Auf dem Treffen erfuhren die sehr erstaunten Vertreter der verschiedenen Gruppen, dass alles, was der Asta in den drei Monaten seit dem Stupa-Beschluss geschafft hatte, die Einigung auf einen Termin für die Urabstimmung war. Dieser stand jedoch noch nicht fest, weil er noch mit der Uni-Verwaltung besprochen werden musste – drei Wochen vor Semesterbeginn. Nach 1 ½ Stunden Gespräch hatte der Asta eine zweiseitige Hausaufgabenliste und wir hatten die leichte Hoffnung, dass nun etwas Bewegung in die Sache kommen würde.

Wichtige Arbeit wird nicht gemacht

Statt nun aber von Semesterbeginn an auf den Boykott hinzuweisen, strich wieder Zeit ins Land. Informationen in den O-Phasen? Fehlanzeige. Auch hier gab es als einzige Information ein Flugblatt, das die linken Hochschugruppen in den O-Phasen verteilten. Die AStA-Referentinnen erwähnten den Boykott bei der Vorstellung ihrer Arbeit in den O-Phasen meist irgendwo zwischen Fahrradwerkstadt und Brettspielverleih.

Öffentliche Wahrnehmbarkeit des Boykotts etwa durch großflächige Transparente auf dem Campus? Fehlanzeige! Zu teuer.

Einen Infostand in den ersten Semesterwochen? Auch dieser musste von den linken Gruppen gemacht werden.

Der AStA hatte „Ressourcenprobleme”. Und das wo die astatragende ADF stets für sich Werbung macht, sie sei „Göttingens größte Hochschulgruppe”. Statt Engagement von Mitgliedern der Asta-tragenden Gruppen wurden in der Woche vor der Urabstimmung Menschen bezahlt um einige Flugblätter in homöopathischen Dosen unter die Studierenden zu bringen. Kein Wunder, dass die Informationsveranstaltungen des AStA mit je ca. 15 Anwesenden nur ausgesprochen peinlich besucht waren. Schließlich war für die Veranstaltungen mit dem grandiosen Slogan „Mach dich Schlau” geworben worden. Der Hinweis auf den spärlich aufgehängten Plakaten, dass es hierbei um eine Veranstaltung zum Studiengebührenboykott geht fand sich in kleiner Schrift im Einladungstext gut auf dem Plakat versteckt. Wie gesagt: Zusätzlich zum Unwillen brauchte es auch noch ein ganzes Stück Inkompetenz.

Das Vertrauen der Studierenden wurde verspielt

Auch Mühe mit Vorbereitungen für den technischen Ablauf des Boykotts wollte man sich im Asta erstmal nicht machen. Mit der Univerwaltung reden, wie sie sich im Boykottfall verhalten würde? Das kann bis nach der Urabstimmung warten. Auf Dozierendenseite um Unterstützung werben? Das hat noch Zeit.

Schon mal mit einem Anwalt sprechen, damit man den Boykottwilligen zeigen kann, wer ihr Geld verwalten wird und ein Treuhandkontomodell ausgearbeiten werden kann? Das reicht noch nach der Urabstimmung.

Überhaupt: Sich Gedanken machen, welche Szenarien im Falle eines Boykotts eintreten und für selbige schon mal vorplanen. Das wäre nach Auskunft der beiden zuständigen Ast-Referentinnen Imke Buß und Sebastian Ehricht doch alles noch Zukunftsmusik, um die man sich kümmern könne, wenn das Quorum erreicht sei. Dass es das für die Leute vielleicht nicht ist, die sich überlegen an einem solchen Boykott teil zu nehmen, fiel ihnen scheinbar nicht ein. Ob die Antwort auf die Urabstimmungsfrage, ob ich bereit wäre mich an einem Boykott zu beteiligen, auch davon abhängig sein könnte, wie viel Vertrauen die Studierenden in die bisherige Vorbereitung haben können, hätte sich nur dann entscheiden lassen, wenn es eine Vorbereitung gegeben hätte.

Das Problem, dass es für Menschen, die einen Kredit bei der NBank nehmen, schwer sein würde, sich an dem Boykott zu beteiligen, weil das Geld direkt von der Bank an die Uni überwiesen wird, war unseren MacherInnen im Allgemeinen Studierendenausschuss noch gar nicht aufgefallen – so wenig hatten sie sich mit dem Thema beschäftigt.

Dementsprechend gab es denn auch gleich drei einander widersprechende Informationen für die Studierenden: Menschen mit Krediten können sich gar nicht beteiligen (Text im Erstsemesterinfo), Menschen mit Krediten können sich beteiligen, wenn sie ihre Kreditverträge unterschrieben beim Anwalt hinterlegen. (ADF Zeitung „Wadenbeisser”), Menschen mit Krediten können sich nicht beteiligen, weil der Vertrag mit dem Post-Ident-Verfahren abgeschickt werden muss (AStA-Homepage). So eine Informationspolitik schafft natürlich Vertrauen! Auf den Text im Erstsemesterinfo hingewiesen erklärte der Hochschulreferent Ehricht, er habe ihn ja nicht geschrieben und überhaupt würde den ja ohnehin niemand lesen. So sieht solide Informationspolitik aus!

Es sei abschließend darauf hingewiesen, dass überhaupt sich von sechs ReferentInnen und fünf SachbearbeiterInnen nur zwei Personen für den Boykott verantwortlich fühlten. Darauf angesprochen warum sie nichts tun erklärte eine der beiden, sie müsse ständig auf irgendwelche wichtigen Treffen fahren, von denen sie aber scheinbar nie Impulse mitbringt. Der Andere war allen Ernstes eine Woche lang mit der Anmeldung der Urabstimmung ausgelastet, so dass er nichts anderes hatte tun können. Die ReferentInnen bekommen für diese Arbeit 600 Euro im Monat. Dem Asta stehen 500.000 Euro im Jahr für seine Arbeit zur Verfügung. Dass es nebenher keine anderen großen Projekte gab bezeugt bereits ein kurzer Blick auf die AStA-Homepage. Ihr könnt selbst entscheiden ob vor diesem Hintergrund alles was möglich war getan wurde, um den Boykott zu einem Erfolg zu führen.

Erschienen am: 30.11.2006 AutorIn: email-address

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