Über 5.000 gegen die Nazi-Kundgebung
Berichte zum Nazi-Aufmarsch
+++ Zwischen 5.000 und 8.000 wird die Zahl der TeilnehmerInnen der Bündnis-Demonstration gegen die Nazi-Kundgebung geschätzt +++ 6.000 PolizistInnen waren mit Hubschraubern und schwerem Material aufgezogen, die Kundgebung der Nazis zu ermöglichen +++ Auf etwa 150 bracht es die Kundgebung der NPD +++ Auf etwa die gleiche Größe brachte es die Gegenveranstaltung der Stadt, Kirchen, Universität und des Mitte-Rechts AStA. +++ Diese richtete sich auch gegen linken Antifaschismus, wogegen eine Gruppe von ca. 20 AntifaschistInnen mit einer kurzen Unterbrechung der Veranstaltung protestierten. +++ Ein Barrikade wurde auf der B27, Höhe Weender Krankenhaus entzündet. +++ Einige AntifaschistInnen besetzen kurze Zeit Gleise, auf denen die Nazis anreisen sollten. Mindestens ein Zug hatte ca. 20 Minuten Verspätung. +++ Uni-Leitung bot den Campus als Stützpunkt für die Polizei an +++
Martialisches Polizeiaufgebot
Etwa 6.000 PolizistInnen waren am Tag des Aufmarches im Einsatz. Über der Stadt kreisten 3 Hubschrauber. Der Bahnhof wurde großräumig abgesperrt, ab Wall war kein Durchkommen mehr. Patroullierende und Marschierende Hundertschaften überall in der Innenstadt zusammen mit dem Knattern der Hubschrauber verschafften noch einmal die Athmosphäre einer Belagerten Stadt, wie es schon mehrere Wochen vor dem Aufmarsch von der Polizei inszeniert wurde. (siehe. Demo gegen Sicherheitswahn)
Bereits am Morgen kontrollierte und durchsuchte die Polizei Jugendliche und Menschen mit "verdächtiger" äußerer Erscheinung: Ein schwarzer Pullover? Bunte Haare? Eine Sonnenbrille? - Schlagende Beweise für kriminelle Energien, und so sprach die Polzei willkürlich Platzverweise für jedeN aus, der "verdächtig" sich Richtung Innenstadt bewegte. Bereits vor der eigenen Haustür wurde AntifaschistInnen aufgelauert und ihnen sofort Platzverweise erteilt. Nach eigenen Angaben der Polizei kam es zu 1.364 Personalienfeststellungen. Mit Welcher Begründung derartiger Generalverdacht und "präventive" Einschränkung der Bewegungsfreiheit eigentlich sich auf die sog. "Grundrechte" bezieht, die sie angeblich verteidigen sollen, bleibt fraglich. Gängige Praxis ist dies aber alle mal und kriminalisiert wird jede Antifaschistische Regung, und sei es nur zu einer Demonstration zu gehen, damit allemal und mit Erfolg.
Polizei auf dem Campus
Was noch vor wenigen Jahren Rücktrittsgrund für Universitätspräsidenten war, ist für Herrn von Figura inzwischen selbstverständlich: Traditionell waren die Universitäten immer ein Ort der Unabhängigen Wissenschaft und frei von Polizeikräften. War die Räumung des Oeconomicum im Streik 2003 noch ein ein Novum, so ist es heute für Herrn von Figura selbstverständlich, die Polizei auf sein Gelände zu lassen.
Den kleinen Campus verwendete die Polizei als Stellplatz für ihren Toilettenwagen. Den großen und den Parkplatz als Stellplatz für ihre Einsatzfahrzeuge.
Nicht viel war los auf dem Campus. Den kleinen Info-Stand vor der Z-Mensa zu bedrängen, ließen sie sich dennoch nicht nehmen. Der Vize-Präsident der Universität musste zunächst bestätigen, dass der Stand auch wirklich angemeldet war. Dieses Problem geregelt wurden die ausgelegten Publikationen genauestens unter die Lupe genommen.
Besetzte Gleise
Bereits am Morgen kam es zu einigen Aktionen außerhalb der Innenstadt: Zwischen Northeim und Göttingen besetzte eine Gruppe von AntifaschistInnen Bahngleise. Mindestens ein Zug mit Nazis hatte ca. 20 Minuten Verspätung.
Brennende Barrikade auf der B 27
Auf einer Zufahrtsstraße, der B 27 auf Höhe des Weender Krankenhauses, wurde eine Barrikade entzündet. Die Polizei räumte diese in recht kurzer Zeit.
Die Bündnis-Demo
Die Demonstration des "Bündnis gegen Rechts" startete zunächst mit ca. 2.000 TeilnehmerInnen. Im Laufe der Route wuchs die Zahl der Demonstrierenden stetig an. Besonders start trat der "Antifa- und Jugendblock" auf, der etwa 2.000 der insgesamt über 5.000 Demonstrierenden stellte. Dieser war 'begleitet' von einem doppelreihigen Spalier der als besonders brutal bekannten bayrischen Sondereinheit USK. Im Verlauf der Demonstration wurde vor allem der Antifa- und Jugendblock von der Polizei massiv attackiert: Seitentransparente wurden zerrisssen und mehrfach willkürlich AntifaschistInnen herausgezogen und in Gewahrsam genommen. Einige wurden nach einer Personalienkontrolle wieder frei gelassen. Immer wieder nutzte die USK Lücken in den Ketten der Demonstration, um dort hinein zu prügeln und Einzelne zu isolieren.
An einem Café beim alten Rathaus kam es zu einem Zwischenfall, als 1-2 Nazis dort sitzend von AntifaschistInnen identifiziert wurden. Aus dem Block liefen einige auf die Nazis zu. Die Polizei schwang indes ihre Knüppel zum Schutze der/des Nazis in Richtung der AntifaschistInnen.
Kurz vor Ende der Demo versuchte die Polizei die Demonstration zu spalten und den weiter hinten laufenden Antifa- und Jugendblock nicht zum Kundgebungsort am Platz der Synagoge durchzulassen. Die scheiterte allerdings an der Entschlossenheit der Demonstrierenden. Am Caré postierten sich zudem einige Beamte mit aufgehetzten Hunden. Die gequälten Tiere trugen nicht einmal Maulschutz.
Die Abschlusskundgebung konnte indes ohne weitere Zwischenfälle abgehalten werden. VertreterInnen des DGB, der VVN, der jüdischen Gemeinde und der Grünen betonten in Redebeiträgen ihre Entschlossenheit, auch weiterhin gegen Rassismus und NPD-Aufmärsche zu demonstrieren und sich dabei nicht spalten lassen zu wollen.
Kundgebung der Stadt, Universität und des AStA
Bereits zum 29.10. stiegen CDU und Mitte-Rechts-AStA (RCDS und ADF) aus dem breiten Bündnis von Kirchen, Sozialverbänden, Gewerkschaften bis hin zu linken und antifaschistischen Bündnis aus und griffen es in der Öffentlichkeit mit Falschmeldungen und Beschimpfungen an. (siehe: AStA nicht im Bündnis gegen Rechts und Rinks und Lechts - vom Velwechsern)
Möglichst weit ab vom Schuss veranstelteten sie dieses mal zusammen mit Kirchenvertretern, der Stadt und der Universität (Herr von Figura) eine Gegenkundgebung zur Büdnisdemo unter dem Motto "Gegen Extremismus und Gewalt". Besonders betonten sie ihre Ablehung antifaschistischer Protestformen, die zu "Gewalt" greifen würden. Auch die dumpfen Plattitüden gegen die Nazis konnten die Absicht, die Proteste zu spalten und zu kriminalisieren nicht überspielen. Im wesentlichen richtete sich ihr Anliegen, wie Harald Noack (CDU) bereits nach dem 29.10. mit seinem Ausspruch davon, dass die NPD eigentlich "harmlos" sei (vgl. Göttinger Tageblatt vom 31.10.), betonte, gegen den linken Protest.
Eine Gruppe von ca. 20 AntifaschistInnen unterbracht die Kundgebung, als sie ein Transparent mit dem abgeänderten Motto "Gegen RechtsExtremismus und StaatsGewalt" entrollten und Flugblätter verteilten. In diesen wiesen sie auf die Widersprüchlichkeit einer geheuchelten "Gewaltfreiheit" hin, die aber brutale Abschiebungen und Gewaltandrohung durch Polizei heimlich billigt.
Beim Entrollen des Transparents lief einige TeilnehmerInnen aufgebracht den AntifaschistInnen entgegen um sie zu bedrängen und das Transparent zu verdecken. Sie mussten erst durch einen Kirchen-Vertreter daran erinnert werden, dass sie doch dort seien, um "Toleranz" und "Friedlichkeit" zu demonstrieren, um von weiterem Vorgehen gegen die 20 AntifaschistInnen abzusehen.
Mit Rufen betitelten einige TeilnehmerInnen der Kundgebung die 20 AntifaschistInnen als "Linksfaschisten". Besonders bezeichnend sei nach Angaben eines Antifaschisten der erzürnte Ausspruch einer älteren Teilnehmerin der Kundgebung gewesen: "Was habt ihr hier eigentlich zu sagen? Wir haben bereits im Krieg diesem Land gedient!".
Wahlkampfgeplänkel
Ober-Bürgermeister Danielowski (CDU) war auf seiner nach eigenen Angaben eigens organisierten Kundgebung nicht zugegen. Dies wurde von Grünen und SPD zum Anlass genommen, ihn scharf dafür zu kritisieren, seine Stadt "im Stich gelassen" zu haben. Laut SPD sei die Konferenz in Jerusalem, die er als Grund seiner Abwesenheit nannte, bereits Donnerstag zuende gegangen.
Grüne und SPD scheinen sich damit bereits auf den Wahlkampf vorzubereiten. Vielleicht aber ist Danielowskis Abwesenheit auch einfach nur ein Ausdruck von Ehrlichkeit: Wer Abschiebungen sanktioniert, wessen Partei für verschärfte Einwanderungsgesetz und mit rassistischen Ressentiments Wahlkampf betreibt, der ist nur ehrlich, wenn er von antifaschistischem Protest fern bleibt.
Nazi-Kundgebung
Die NPD-Kundgebung war etwa so klein, wie die an der Stadthalle: ca. 150-200 NPD-AnhängerInnen fanden sich nach und nach am von der Polizei strengstens geschützen Bahnhofsvorplatz ein. Die Polizei setze die Auflagen der Stadt konsequent durch, so müssten einige von ihnen ihre Stiefel und verbotene T-Shirs abgeben.
Laut Berichten von Stadtradio und Indymedia griffen mehrere von ihnen VertreterInnen der Presse mit Holzlatten von Tranparenten und Schildern an, wobei einige Presse-VertreterInnen verletzt und Kameras beschädigt wurden.
Ungehört und von niemandem erwünscht löste sich die Kundgebung um Punkt 2 Uhr auf. In zwei Zügen Richtung Süden und Norden traten die Nazis ihre "Heimreise" an.
Weitere Berichte:
Indymedia:
http://de.indymedia.org/2006/05/146616.shtml
http://de.indymedia.org/2006/05/146612.shtml
Goest: http://www.goest.de/
bürgerliche Medien:
Extra Tip: http://www.extratip-goettingen.de/lokales/der-2-millionen-euro-taeg.html
Göttinger Tageblatt: http://www.gtonline.de/gt-lokal/271148.html
Andere Gruppen: