Kollabs gekündigt!

Gelegenheit macht Diebe

Niemand hatte das erwartet: Vor einigen Wochen brannte der Keller des Sozio-Oeconomicum völlig aus. Ein Schwelbrand beschäftigte die Feuerwehr eine ganze Nacht hindurch und vernichtete die Kellerräume in Bereich der ehemaligen Caféte, darunter auch das Café Kollabs, sowie die Schließfächer und angrenzende Räume. Buroräume im Erdgeschoss sowie die Bibliothek haben durch die starke Rauchentwicklung ebenfalls einen erheblichen Schaden genommen. (BB berichtete: Infos zum Brand im Sozio-Oeconomicum)

Erwartet allerdings hatten die NutzerInnen des Café Kollabs, dass dies für sie nicht nur die völlige Vernichtung der Einrichtung des selbstverwalteten Cafés bedeutet, sondern auch genutzt werden würde, um ihr Projekt entgültig zu beenden. Mit dieser Befürchtung sollten sie recht behalten.

Vertragskündigung

Schon die Unterzeichnung des Vetrages mit der Uni im Jahr 2004 hatte den NutzerInnen Bauchschmerzen bereitet. Das aus einem Studierenden-Streik durch Besetzung entstandene Café sollte damals aus dem Blickfeld geräumt werden und zog vom Ü3 in den Keller um (Der Ü3 stand zu der Zeit der Besetzung leer und war ungenutzt). Der Keller-Raum versprach viele Vorteile, allerdings war schon damals zu befürchten, dass der Vertrag, der eine Mindeslaufzeit von 2 Jahren vorsah, eben nur deshalb unterschrieben wurde, um nach Ablauf der 2 Jahre kündbar zu sein. Eine perfekte Legitimation um das Kollabs dann entgültig aus der Uni zu entfernen.

Mit einem Brand jedoch, der das Café vollständig in Asche verwandelte, hatte wohl niemand gerechnet. Nichts desto trotz packt die Raumverwaltung die Gelegenheit beim Schopf: Dieser Anblick gefällt ihnen. Das soll, wenn es nach ihnen geht, der letzte Zustand sein, den das Kollabs erlebt hat. Sie schickten den NutzerInnen vergangene Woche ein Kündigungsschreiben. Der Vertrag soll im Februar 07, also nach Mindestlaufzeit, auslaufen und gekündigt werden.

Fakten schaffen?

Zur Begründung heißt es in dem Schreiben: "Wegen des Brandes im Oeconomicum kann die Universität die Raumüberlassung entsprechend der zwischen den Betreibern des Cafe Kollabs und der Universität geschlossenen Nutzungsvereinbarung vom 20.12.2004 nicht mehr gewähren". Etwas merkwürdig, sind doch die Reperaturarbeiten in vollem Gange und sollen nach Auskunft der Uni das Oeconomicum zum Semsterbeginn wieder soweit hergerichtet haben, dass alle Büros und Seminarräume genutzt werden können. Auch im Keller wird fleißig gearbeitet, da wäre doch auch der alte Raum bald wieder beziehbar.

Nach der Formulierung ist anzunehmen, dass die Planung für den Wiederaufbau der Kellerräume gleich so angelegt ist, dass für ein Kollabs gar kein Platz mehr sein wird. Diese Befürchtung wurde inzwischen offiziell bestätigt.

Das nennt sich Fakten schaffen, denn so erspart es sich die Uni, das Kollabs aus dem Raum rausräumen lassen zu müssen. Und was nicht existiert, dass kann die Uni auch nicht zur Verfügung stellen. So einfach ist das.

Ein Schnitt ins eigene Fleisch?

Die Universität wäre gut beraten, nicht allzu voreilig das Kollabs heraus zu planen. Welche Form von Kollabs es nach Februar 07 geben wird, ist zwar noch nicht entschieden, klar ist allerdings, dass der Vertrag noch bis Februar gilt. Ein "Ersatzraum" ist wohl kaum von der Uni zu erwarten, vielmehr dass sie versuchen wird, es bis zum Ablauf des Vertrags hinaus zu zögern. "Ersatzräume werden von der Universität nicht zur Verfügung gestellt." heißt es dazu im Schreiben. Diese Rechnung wird aber nicht aufgeben: Die NutzerInnen werden ihr Recht auf einen Raum sich nicht vorenthalten lassen. Ebensowenig, wie sie die Kündigung hinnehmen werden.

Die Uni hat hier eine Entscheidung gefällt, die sie später bereuhen könnte: Zu gut dürfte sie noch wissen, dass es nicht die NutzerInnen des Café Kollabs waren, die in den Keller ziehen wollten. Erinnern werden sie sich sicherlich daran, dass das letzte Mal das Café durch eine Besetzung entstand und sich die Uni sich schon einmal genötigt sah, viel Aufwand zu betreiben und weitgehende Konzessionen zu machen, um das Kollabs aus dem Blickfeld und den Seminarraum zu bekommen.

Brandursache Kollabs?

Viele Gerüchte und Spekulationen rankten sich seit dem Abend des Brandes um die Ursache. Theorien über Brandstiftung und Verbindungen zu Anschlägen auf andere Unis zur gleichen Zeit machten die Runde. Besonders beliebt aber war es, dem Kollabs die Schuld anzulasten. Hausmeister und Wachmänner brüskierten sich damit, gesehen haben zu wollen, wo der Rauch her kam: Natürlich aus dem Kollabs.

Dementsprechend wurden Mitglieder des Fachschaftsrates Sowi (FSR), die die Interessen der NutzerInnen des Kollabs laut Vertrag vertreten, beim Betreten des Gebäudes prompt behandelt, als handele es sich bei ihnen um BrandstifterInnen. Erst mehrmalige deutliche Mahnungen konnten einen Vertreter der Raumverwaltung davon abbringen, in den studentischen Unterlagen der Sowi-Fachschaft herumzuschnüffeln, als der FSR, wie viele MitarbeiterInnen der Uni auch, ihre Unterlagen aus dem FS-Raum bargen. Die Polizei indes lud ein FSR-Mitglied zur Vernehmung vor. In einem Ton, als wäre das FSR-Mitgleid für den bedauerlichen Tod des Feuerwehrmanns verantwortlich.

Lügenkampagne des GT

Das Gerücht von einer "nicht ausgestellten Kaffeemaschine" oder Ähnlichem hat seither weite Kreise gezogen. Frei nach dem Motto, es muss nur oft genug wiederholt werden, um wahr zu sein, wird es seitdem immer wieder als begründeter Verdacht oder eben sogar als vermeintliche Tatsache dargestellt, wie etwa von der Raumverwaltung, die die Kündigung abgeschickt hat.

Flankiert wird sie dabei vom Göttinger Tageblatt, dass in zwei Artikeln den Ausbruch im Café Kollabs behauptete und erst nach vehemtem Protest wenigstens einen Leserbrief veröffentlichte, der die Sache gerade rückte. Dies hielt das GT jedoch nicht davon ab, weiterhin vom Ausbruch im Kollabs zu berichten, als sei es eine bewiesene Tatsache.

Und, um das noch einmal klar zu stellen, es gibt weder Beweise noch deutliche Hinweise darauf, dass das Feuer durch Fahrlässigkeit der NutzerInnen, noch dass es überhaupt im Kollabs ausgebrochen ist. Die einzigst bisher veröffentlichten Ergebnisse der Untersuchtung des LKA stellen fest, dass das Feuer nicht durch gezielte Fremdeinwirkung ausgebrochen ist und wahrscheinlich seinen Ursprung in einem technischen Defekt irgendwo im Bereich der ehemaligen Caféte hatte. Dieser Bereich schließt sowohl das Kollabs, als auch den Aufenthaltsraum nebenan, sowie diverse Technikräume (Heizung etc.) hinter dem Kollabs/dem Aufenthaltsraum ein.

Über diese Ergebnisse hinaus kann noch festgehalten werden, dass der Umstand, dass es sich um einen Schwelbrand handelte, der von der Feuerwehr über Stunden hinweg nicht ausgemacht werden konnte, ein offenes Feuer, dass im Kollabs ausgebrochen sein könnte, sehr unwahrscheinlich macht. Wer etwas anderes behauptet möge bitte seine Quellen nennen, andernfalls sind die Aussagen als Propaganda gegen das Kollabs oder unsaubere Recherche, die sich allein auf Gerüchte stützt, zu werten.

Hätte das GT den Anspruch, den es nicht hat, kritisch zu berichten, so sollte es statt seine Macht als meistgelesene Göttinger Lokalzeitung politisch zu missbrauchen besser etwa danach fragen, warum ein Wachmann und nicht der Rauchmelder die Feuerwehr rief, oder danach, wie es um den CocaCola-Automaten in dem Aufenthaltsraum steht, der im März dieses Jahres bereits einen weniger bedeutenden Schwelbrand ausgelöst hatte, und dennoch weiter laufen gelassen wurde. Das wären zumindest interessante Indizien - abschließend geklärt wird die Brandursache aber voraussichtlich niemals werden. Die Ermittlungen des LKA laufen zwar noch weiter, das Untersuchungen sind aber seit einiger Zeit am Gebäude abgeschlossen.

In diesem Punkt bleibt zu hoffen, dass die Neue Göttinger Wochenzeitung im September einen guten Start hinlegt und für kritischen Journalismus in der Lokalpresse sorgt.

Im Falle des Kollabs bleibt zu hoffen, dass die Uni von der Kündigung absieht. In jedem Fall aber bleibt zu erwarten, dass das Kollabs so einfach nicht aus der Unilandschaft zu tilgen ist.

Erschienen am: 30.08.2006 AutorIn: email-address

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