Streit um die Altamerikanistik
Die Fakten sind schnell erzählt: 2005 wird der Professor für Altamerikanistik und Linguistische Anthropologie - Prof. Whittaker - vom Dekanat der Philosophischen Fakultät gebeten, für diesen Bereich einen Masterstudiengang auszuarbeiten. Dies geschieht und der Studiengang wird von der Philosophischen Fakultät zur Akkreditierung frei gegeben. Kurz vor dem Besuch durch die Gutachtergruppe der Akkreditierungsagentur wird der Studiengang jedoch seitens des Präsidiums von der Liste der zu akkreditierenden Fächer gestrichen. Politisch ist dies in mehrerlei Hinsicht interessant. Erstens gibt es keine richtige Begründung für die Streichung. Zweitens erfolgt die Streichung entgegen den Beschlüssen der dafür zuständigen Gremien. In einer Stellungnahme des Präsidiums wird das Profil der Sozialwissenschaftlichen wie der Philosophischen Fakultät bemüht, in denen ein solches Fach keinen Platz habe. Außerdem falle die Professur nach Herrn Whittakers Ausscheiden 2019 wieder an das Land. Für sechs Jahre (Die Studiengänge starten 2009/10 und die Abwicklung müsste 2016/17 beginnen) einen Studiengang einzurichten würde sich laut Präsidium nicht lohnen. Whittaker argumentiert zurecht, dass 1. niemand weiß, wie die Stellensituation 2019 aussieht und das 2. auch in dieser Zeit noch mehrere Jahrgänge von Studierenden in dem deutschlandweit recht seltenen Bereich ausgebildet werden können. Das Präsidium argumentiert weiter, dass es auch bisher kein Fach Altamerikanistik/Linguistische Anthropologie gegeben habe, sich also durch die Ablehnung des Masterstudiengangs nichts ändere. Während in den Bereichen jedoch bisher Abschluss- und Dissertationsarbeiten im Fach Ethnologie geschrieben werden konnten, würden Whittakers Veranstaltungen nun nur noch bei den Professionalisierungsmodulen/Schlüsselkompetenzen der Ethnologie vorkommen. Da er in den wählbaren Schwerpunkten nicht mehr vorkommt, befürchtet er zukünftig, keine Abschlussarbeiten mehr betreuen zu können. Vom Präsidium gibt es inzwischen eine vage mündliche Zusage, dass es Prof. Whittaker in der Ethnologie möglich sein wird Abschlussarbeiten und Dissertationen zu betreuen. Ob und wie dies realisiert wird, bleibt abzuwarten. (Die Erklärung des Präsidiums und nach langem hin und her auch die Gegendarstellung von Prof. Whittaker sind unter www.uni-goettingen.de einsehbar)
In der politischen Bewertung zeigt dieser Fall einmal mehr, dass die Macht des Präsidiums die akademischen Selbstverwaltungsstrukturen mehr und mehr zu einer Farce gemacht hat. Whittaker war es nur möglich über eine starke Öffentlichkeit Druck auf das Präsidium aufzubauen, weil den regulären Institutionen wie dem Fakultätsrat die Hände gebunden sind. Dass ihm dafür vorgeworfen wird, er schade dem Image der Universität, zeigt welche Blüten der lokalpatriotische Eliteunihype treibt. Dass die AStA tragende ADF sich daran beteiligt und dabei in ihrer journalistischen Akribie die Presseerklärung des Präsidiums fast im Wortlaut als eigenen Artikel abdruckt („Viel Lärm um nichts“ in Wadenbeisser Nr. 72) zeigt wie sehr die studentische Interessenvertretung inzwischen auf den Hund gekommen ist...