Im Oec wird aufgeräumt

Wenngleich es nicht so schnell wie zunächst gedacht voran geht, wird im Sozio-Oeconomicum sichtbar fleißig renoviert. Viel schneller aber als das Beseitigen der Brandschäden haben die Studierenden gleich nach dem Brand erleben müssen, dass dieser auch anderweitig als Anlass zum Aufräumen genommen werden kann.

Die Ursache des Brands, die erheblichen Sachschaden angerichtet und zum Tod eines Feuerwehrmenschen geführt hatte, ist bis heute ungeklärt. Dennoch, wir erinnern uns, war sehr schnell klar, dass dieser als Vorwand genutzt werden würde, das von Studierenden selbstorganisierte Café Kollabs aus der Uni-Landschaft verschwinden zu lassen. Bereits ein paar Tage nach dem Brand versuchte die Uni-Verwaltung die Betroffenheit darüber zu nutzen, um die Verantwortung wahlweise den Kollabs Nutzer_innen anzulasten oder die Ermittlungen auf den für das Kollabs zeichnenden FSR zu lenken. Widerspruch gegen die Kündigung des Kollabs fiel entsprechend milde aus.1

Eine andere Gelegenheit wurde beim Schopfe gepackt: Die Räume konnten nun nach „sinnvollen“ Kriterien neu verteilt und den momentanen Arbeitsstrukturen angepasst werden. Dies ist in der Tat geschehen, allerdings bleibt die Vermutung, dass das Verschwinden der Sowi-Fachschaft vom Eingangsbereich nicht ganz nur Neuorganisationskriterien geschuldet war: Das gut sichtbare Fenster neben dem Haupteingang, das vom FSR Sowi genutzt wurde, um das kurz zuvor verhängte Plakatierverbot zu kompensieren, war einigen an den Fakultäten der Sowis und Wiwis schon länger ein Dorn im Auge. Besonders die als Kritik am nationalistisch aufgeladenen „Volksfest“ der Fußball-WM aufgehängte, verfremdete Deutschlandfahne entlud so einiges an Wut bei so machen „stolzen Deutschen“.2

Dieser Raum, der stattdessen den Frauenbeauftragten zugeteilt und bereits eine ganze Weile von ihnen genutzt wurde, bekommt jetzt jedoch erneut neue Benutzer_innen. Nun wird er der Politik-Professur von Franz Walter überantwortet, der mit Sicherheit keine Plakate an die Fenster hängen wird, die etwa missverständlicherweise den unerwünschten Eindruck vermitteln könnten, an dieser Uni gäbe es eine kritische Diskussionskultur oder stünden gar Fragen gesellschaftlicher Relevanz auf der Tagesordnung. Auch die Frauenbeauftragten verschwinden damit aus dem sichtbaren Bereich des Oecs in ein abgelegenes Büro im ersten Stock. Inwiefern auch deren Fensternutzung nicht genehm war, bleibt offen. Sicherlich kann dies auch einem unberücksichtigtem Nebeneffekt bei der Raumplanung geschuldet sein. „Versehentlich unberücksichtigt“ ist ja bekanntlich etwas, das im Zusammenhang mit Frauenbeauftragten öfters vorkommt.

Als Fazit bleibt festzuhalten: Der Brand konnte erfolgreich instrumentalisiert werden, den Studierenden ein weiteres Stück Freiraum zu nehmen. Nach der Plakatierfläche sind nun auch sichtbare Räume studentischer Selbstorganisation, wie FSR und die (studentischen) Frauenbeauftragten weiter in die Unsichtbarkeit gerückt. Das Kollabs ist vollständig verschwunden. Eine weiterer gelungener Schritt in Richtung modernisierter Service-Universität, die sich auch optisch darauf ausrichtet, sich nicht mehr an den vielen scharfen Ecken und Kanten der Kritik reiben zu müssen, sondern effektiv die nun zu Kunden Degradierten zu dem zurichten zu können, was sie einmal werden sollen: willfährige, flexibel-anpassungsfähige und stumme Arbeitskräfte.


1) vgl. „Gelegenheit macht Diebe“ in BB-Zeitung #10

2) Eine Dokumentation empörter Protest-Briefe an den FSR findet sich unter: http://emanzipationoderbarbarei.blogsport.de/studium/dokumente/beschwerdemails/

Erschienen am: 08.07.2007 zuletzt aktualisiert: 08.07.2007 19:27 AutorIn: email-address