Die Schokoladenration ist von 20 auf 30 Gramm gestiegen
Studiengebühren sind eigentlich was ganz tolles. Sie verbessern nämlich deutlich unsere Studiensituation. Diese Botschaft konnte zumindest in kaum einer O-Phase dieses Semesters fehlen. Auch ein kostenlos erhältlicher Reader zu dem einen oder anderen Seminar wird nicht ohne den Hinweis auf die Geldquelle ausgegeben. Dann sind da noch ein paar Tutor_innen-Stellen, diverse Raumausstattungen, die ohnehin fällig waren wurden bezahlt und sogar einige O-Phasen Organisator_innen konnten prima prassen – Eine Woche lang Durchsaufen, und das sogar weitestgehend kostenlos. Die Uni hat auch extra eine eigene Seite eingerichtet, wo nachgelesen werden kann, was das neue Schlaraffenland zu bieten hat1. Soviel Service für schlappe 500,- €. Wer fühlt sich da nicht rundum wohl?
Nun dürfte der_die eine oder andere etwas verwundert sein, wenn man behauptet, die „Studenbeiträge“ erfüllten gar nicht den in der Propaganda angepriesenen Zweck. Was dort als „Verbesserung der Lehre“ verkauft wird, ist nämlich gar keine. Selbst wenn man den Umstand einmal außen vor lässt, dass ein beträchtlicher Schuldenberg oder Jobben neben dem Bachelor-Studium (wenn das überhaupt geht) als eine drastische Verschlechterung der Lebensqualität im Studium betrachtet werden müsste, wird man feststellen, dass auch rein nominell von keiner Verbesserung die Rede sein kann. Denn das, was die Studiengebühren jetzt wieder in die Kassen der Universitäten bringen, ist über die letzten Jahre um ein Vielfaches erst gekürzt worden. Und das nicht ganz zufällig: Bereits als die verschiedenen Wellen des sog. „Hochschuloptimierungskonzepts“ (kurz: HOK) („Optimierung“ bedeutet in dem Fall nichts anderes als kürzen) diskutiert wurden, wurden sie zusammen mit der Einführung der Studiengebühren verhandelt. Es war klar, dass keine Uni mehr handlungsfähig wäre, würde nicht ein Teil der Kürzungen durch die Studiengebühren später aufgefangen werden. Die Unis ihrerseits haben ihre Handlungsunfähigkeit nicht selten mit dem Verprassen der letzten Rücklagen und dem zurückfahren von Mitteln für die Lehre kompensiert – mit dem Ausblick auf Studiengebühren, die einen Teil des fehlenden Geldes zurückbringen würden und vor der völligen Pleite bewahren. Die Studiengebühren sind also beileibe keine Verbesserung der Lehre, sondern ein wichtiger Bestandteil dafür, die Haushalte der Landesregierung von Ausgaben für Bildung zu entlasten. Besser geworden ist da aber nichts – nur nicht ganz so schlecht.
Aber es geht natürlich nicht nur um Geld. Als Disziplinierungsinstrument sind sie ein wesentlicher Bestandteil der momentanen Umstrukturierung des Bildungssystems. Die Studierenden sollen Bildung als Investition begreifen. Das Studium ist in diesem Verständnis eben eine Ware zur Veredelung ihrer Arbeitskraft. Da muss die Zurichtung durch die engen Vorgaben des Bachelor-Studiums gar nicht mehr an allen Ecken funktionieren – die Studierenden werden ob des Schuldenberges schon von selbst darauf achten, dass ihr Studium nicht zu lang dauert und angemessen an dessen späterer ökonomischer Verwertbarkeit ausgerichtet wird. Bei ihnen soll endlich das Bildungsverständnis installiert werden, dass dieser Gesellschaftsform angemessen ist. Wer will schon eine Bildung, die sich als Entfaltungsmöglichkeit des_der Einzelnen versteht oder gar in der Lage ist, sich kritisch gegen völlig irrationale gesellschaftliche Verhältnisse zu wenden, denen die Bedürfnisse und die Möglichkeit zur freien Entfaltung des Individuums schnurz sind, dessen Verwurstung im Dienste der Wertverwertung jedoch alles bedeutet. Wo kämen wir denn hin, wenn das nicht so wäre ...