Zoff am Klinikum
Arbeiten im Krankenhaus ist ein Knochenjob. In den letzten Jahren hat sich die Situation in den meisten Krankenhäusern zugespitzt. Egal, ob sie direkt privatisiert werden oder nicht, in vielen Häusern hat ein radikales Kostenmanagment eingesetzt, dass die Beschäftigten im Wesentlichen als zu senkende Kostenfaktoren betrachtet. Das führt nicht nur zu immer schlechteren Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten, sondern ist auch hoch gefährlich für die Patient_innen, die es immer häufiger mit einem überforderten Personal zu tun haben. Kein Wunder - ist doch die Zahl der zu behandelnden Patient_innen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, wohingegen das Personal insbesondere in der Pflege ebenso kontinuierlich abgebaut wurde. All dies geschieht seit mehreren Jahren auch am Universitätsklinikum Göttingen (UMG).
Auch hier setzt das Management auf Kostensenkung durch radikalen Personalabbau und Lohndrückerei. Hierbei hat das Management bisher vor allem die Berufsgruppen im Blick, bei denen es sich am wenigsten Widerstand verspricht. So hat es vor einigen Monaten der Gewerkschaft ver.di und dem Personalrat angekündigt den sog. Bereich Gastronomie – also Küche, Mensa, Bistro – in eine krankenhauseigene GmbH auszugründen. In dieser GmbH würde dann nicht mehr der Tarifvertrag der Länder (TVL), sondern ein Tarifvertrag des Gaststättengewerbes gelten. Dieser sieht wesentlich geringere Löhne vor. Es ist das erklärte Ziel des Vorstandes, so mehrere Millionen Euro einzusparen. Das Management attackiert damit eine Berufsgruppe, deren reguläres Gehalt schon jetzt zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig ist. Viele Beschäftigte in diesem Bereich bekommen jedoch nicht einmal das volle reguläre Gehalt. Denn insbesondere hier arbeiten z.B. viele alleinerziehende Frauen, für die ein Vollzeitjob ein Ding der Unmöglichkeit ist. Eine weitere Absenkung ihres jetzt schon geringen Gehalts können sich deshalb viele gar nicht vorstellen. Entsprechend groß ist der Ärger unter den Beschäftigten der Gastronomie und es könnte sich erweisen, dass der Krankenhausvorstand seine Rechnung diesmal sprichwörtlich ohne die Wirtin gemacht hat. Offensichtlich gibt es unter der Belegschaft durchaus den Willen, den Plänen des Vorstands Widerstand entgegen zu setzen. Die Gewerkschaft ver.di verzeichnet seit Bekanntwerden der Vorstandspläne einen rapiden Mitgliederzuwachs in den bedrohten Bereichen. Eine erste Versammlung, zu der alle Gewerkschaftsmitglieder des betroffenen Bereichs eingeladen waren, war gut besucht. Hier waren nicht nur Beschäftigte der Gastronomie anwesend. Auch in anderen Bereichen des Krankenhauses geht die Angst vor Ausgründung um. Denn in den letzten Jahren hat der Vorstand bei entsprechenden Drohungen fast keinen Krankenhausbereich ausgelassen.
Deshalb waren auf der Versammlung bereits die KollegInnen von der Betriebstechnik anwesend um von ihren Erfahrung mit zunächst erfolgreich abgewehrten Ausgründungsdrohungen zu berichten. Auf Grund der häufigen Drohungen in der Vergangenheit sehen viele Kolleginnen und Kollegen in der Ausgründung der Gastronomie nun einen ersten Testlauf. Davon, wie schwer oder leicht es der Vorstand hier hat, könnte abhängen, wie schnell weitere Ausgründungen folgen. Grund genug für alle Beschäftigten sich dem Thema Gastronomie anzunehmen. Deshalb beteiligten sich an einer ersten Protestveranstaltung bei der Tagung des Stiftungsausschusses Humanmedizin am 28.10.08 nicht nur Beschäftigte aus der Gastronomie. Aus allen Bereichen des Klinikums waren dort ca. 250 Personen zusammen gekommen, um eine solidarische Gegenwehr anzukündigen. Wie der Vorstand bereits jetzt bekannt machte, will er auch für alle anderen Beschäftigten für drei Jahre die Einzahlung in der Betriebsrente aussetzen, was für weiteren Zündstoff sorgt. So könnte aus dem lokalen Konflikt in der Gastronomie schnell ein Flächenbrand im ganzen Klinikum werden, an dem sich am Ende auch das Präsidium die Finger verbrennen könnte. Ziel der Beschäftigten sollte es jetzt in jedem Fall sein, den politischen und ökonomischen Preis für den Vorstand so weit in die Höhe zu treiben, dass er davon absieht, sich auf Kosten der vermeintlich Schwächsten im Betrieb zu sanieren. Eine Mitgliederversammlung der ver.di-Beschäftigten am Klinikum hat bereits die Bildung einer Tarifkommission beschlossen. Diese ist nötig, um im Zweifelsfall auch Streikmaßnahmen einleiten zu können. Der Winter am Klinikum könnte heiß werden.