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Uniweite VV und erste Spontandemo

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Über 1000 Studierende versammelten sich am 10. Juni im ZHG 010 zur ersten uniweiten Vollversammlung und forderten unter anderem die Abschaffung der Studiengebühren, eine grundlegende Reform der Bachelor- und Masterstudiengänge, die Abschaffung der Stiftungsstruktur der Uni Göttingen, die Orientierung der BaföG-Zahlungen am realen Bedarf der Empfänger*innen sowie die Beseitigung der sozialen Selektion im Bildungssystem. Sowohl von Dozierenden als auch von Schüler*innen gab es Solidaritätsbekundungen.

Im Anschluss an die Vollversammlung bildete sich eine Spontandemonstration mit etwa 600 Personen, die durch die Innenstadt zum Unipräsidium am Wilhelmsplatz zog.

Der überfüllte Hörsaal platzte aus allen Nähten, so dass längst nicht mehr alle Interessierten einen Sitzplatz fanden. Entsprechend laut wurde es in der Folge immer wieder, als hunderte Studierende ihre Zustimmung zu den vorgebrachten Forderungen bekundeten. Vehement wurde verlangt, dass sich die Gestaltung des Studiums nicht mehr nach Fragen der ökonomischen Effizienz richten dürfe. Unter großem Beifall verkündete eine Rednerin, eine Bildungspolitik, die die Interessen von Studierenden und Angestellten der Universitäten ignoriere, könne nicht länger hingenommen werden: „Es ist deshalb an der Zeit, öffentlich und laut zu sagen: Nein. Ihr habt seit Jahren über unsere Köpfe hinweg entschieden - damit ist jetzt Schluß!“ Standing ovations gab es für einen Dozenten, der die Studierenden in ihrem Protest bestärkte und seine Kolleg*innen aufforderte, sich ebenfalls an den angekündigten Aktionen zu beteiligen. In ähnlicher Weise solidarisierten sich Vertreter*innen des Göttinger Schülerbündnisses: „Wir freuen uns, dass die Bewegung gewachsen ist und ihr als Studierende mit uns für ein gerechtes Bildungssystem kämpft. Eure Forderungen sind auch unsere Forderungen.“ Nach der Vollversammlung formierten sich die Studierenden spontan zu einem Demonstrationszug, um ihre Wut über die Studienbedingungen auch außerhalb des Campus sichtbar zu machen. Am Ende der friedlichen und lautstarken Demonstration stürmten 150 Studierende das Unipräsidium und artikulierten so ihren Protest gegenüber der Hochschulleitung. Hier kam es durch die anwesenden Polizeikräfte zu einem gewaltsamen Übergriff. Eine Demonstrantin wurde zu Boden geworfen und wegen Widerstandes angezeigt, andere Teilnehmer*innen wurden mit Pfefferspray bedroht. Eine Sprecherin des Basisdemokratischen Bündnisses (BB) erklärte dazu: „Wir wehren uns gegen diese staatlichen Angriffe und jegliche Kriminalisierung unseres Protests und sind solidarisch mit den Betroffenen. Denn: Betroffen sind einige, gemeint sind immer wir alle!“

Trotz des Zwischenfalls werten die Studierenden die Vollversammlung und Demonstration als Erfolg. „Die Studierenden in Göttingen haben heute eindrucksvoll gezeigt, dass sie sich mit dem derzeitigen Bildungssystem nicht abfinden. Die nun folgenden Proteste können sich auf eine breite Basis stützen“, so die Sprecherin des BB. In der kommenden Woche wollen die Studierenden mit vielfältigen Aktionen die Misere im Bildungssystem thematisieren und ihre Forderungen durchsetzen. Die Proteste in Göttingen sind basis-demokratisch organisiert, schon in den letzten Wochen gab es an vielen Fachbereichen Vollversammlungen. Neben den Studierenden wollen Schüler*innen, Auszubildende und im Bildungssektor Beschäftigte auf die Straße gehen.

Den Höhepunkt wird eine als Sternmarsch konzipierte Großdemonstration am 17. Juni bilden. Die in Göttingen geplanten Aktivitäten sind Teil des bundesweit organisierten "Bildungsstreik 2009", an dem sich über 50 Städte beteiligen wollen. Die Proteste in Göttingen werden sich allerdings nicht auf die vom bundesweiten Bündnis angeregte Aktionswoche vom 15. bis 19. Juni beschränken.

Das Basisdemokratische Bündnis kündigte an: "Diese Woche kann nur ein Anfang sein. Wenn wir wirklich etwas erreichen wollen, werden wir einen langen Atem brauchen."

Erschienen am: 18.06.2009 zuletzt aktualisiert: 20.06.2009 12:51 AutorIn: email-address