Neues vom „Moonlight“

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Die vergangene Woche war ziemlich ereignisreich für das (ansonsten) verschlafene Göttingen. Zunächst wurde bekannt, dass im „Moonlight“ - einer Tabledance-Bar in der Hannoverschen Straße 86 – ein Konzert stattfinden sollte, wo unter anderem auch neonazistische Bands wie Spy Kids, AntiClockwise, Rampage und Sinners Since Birth auftreten sollten. „Während die SpyKids 2005 mit anderen Nazibands (Razorblade und Last Riot) aufgetreten sind, zeichnen sich die anderen vor allem durch einen eindeutig rechten Fankreis aus.“1 Auch der „faschistische Adlerversand“2 sollte mit einem Merchandisestand an dieser Nazi-Veranstaltung teil haben.3

Kurz nach Bekanntwerdung dieses Konzertes kursierte ein Flyer, der darauf hin deutete, dass man sich gegen dieses Vorhaben zur Wehr setzen sollte. Die Stadt hatte indessen das Konzert aus „konzessionsrechtlichen Gründen“ untersagt – auch mit dem Hinweis auf den neonazistischen Charakter der – vom Betreiber als Privatparty gekennzeichneten – Veranstaltung.4

Kurzfristig wurde von Antifaschist_innen eine Spontankundgebung vor dem „Moonlight“ angemeldet. Dem Aufruf – der auf dieser Seite dokumentiert ist – folgten mehr als 250 Antifaschist_innen die sich, nach einem Aufenthalt vor dem Laden, dazu entschlossen eine Spontandemo in Richtung Innenstadt zu organisieren.

Noch vor der Kundgebung kam es auf dem Parkplatz des JuZI Geländes (Jugendzentrum Innenstadt) zu einem unschönen Vorfall. Bislang unbekannte Täter_innen haben die Fensterscheiben dreier dort geparkter Autos eingeschlagen. Gerüchte, es handele sich dabei um einen ‘bloßen‘ Diebstahl, bei dem die Autoradios gestohlen worden seien, wurden bislang nicht bestätigt. Viel plausibler erscheint der Zusammenhang mit dem geplanten Konzert im „Moonlight“. Bereits im Vorfeld wurde auf Indymedia von Seiten der Veranstalter_innen und möglichen Besucher_innen gedroht, „die Antifa“ wisse nicht, mit wem sie sich da anlege. Auch die Tatsache, dass die Polizei diesen Vorfall mit keinem Wort erwähnt, wie auf dem göttinger Stadtmagazin Goest zu lesen ist,5 deutet daraufhin, dass hier eine Tat herunter gespielt werden soll, die aus einer neonazistisch motivierten Ecke kommt.

Trotz dieses Vorfalls gibt es auch Erfreuliches zu berichten. Wie inzwischen bekannt ist, wurde das „Moonlight“ in den darauf folgenden Tagen farblich etwas verschönert. (Siehe Foto)

Eine Auseinandersetzung mit faschistischen Strukturen in und um Göttingern herum gehört wieder auf die Tagesordnung aller sich als links begreifenden Kräfte. Das sollte das vergangene Wochenende bewiesen haben.

Der Laden selber:

Auf Indymedia sind die Verstrickungen des Betreibers mit dem rechten Szenesumpf recht ausführlich beschrieben. Die früheren Kontakte zur Kameradschaft Northeim um (beispielsweise) Thorsten Heise – langjähriger militanter Neonazi, ehemaliger FAP-Kader und inzwischen Beisitzer im Bundesvorsitz der NPD6 – deuten auf direkte Verbindungen zum organisierten Neonazismus hin.7

Dabei stellt es auch Heute keine Besonderheit dar, dass sich Neonazis und ein rechter Sumpf gerade im Rotlichtmilieu8 verquicken. Aus Hamburg gibt es zahlreiche Beispiele für dieses Phänomen.9 Über den einschlägig neonazistischen Charakter des Konzertes hinaus, muss man auch das Rotlichtmilieu als Feld begreifen, dass eine Intervention nötig macht.

Moonlight, das Rotlichtmilieu und Sexarbeit

Der Begriff Sexarbeit ist als Instrument entwickelt worden von Sexarbeiterinnen_ um sich aktiv für eine Legalisierung ihrer Arbeit und die Etablierung ihrer Rechte einzusetzen. Auf dieses Konzept wollen wir uns berufen. Obwohl es sich bei Sexarbeit also um eine freiwillige und bewusst entschiedene Lohnarbeit handeln sollte – die unter dem gleichen Zwang steht wie jede andere Form der Lohnarbeit auch –, birgt dieser Job in sich und in den Kontexten in denen er auftaucht etliche Schwierigkeiten.10 Oft kommt es im Rotlichtmilieu zu sexualisierten Übergriffen und Vergewaltigungen. Da der Gang zur Justiz oft keine Option darstellt11 und Übergriffe im Rotlichtmilieu als tabuisierte Nische, meist nicht als solche anerkannt werden, ergibt sich eine hoch problematische Situation für Sexarbeiterinnen_.12 Die prekären Arbeitsbedingungen bringen sie zudem in ein Abhängigkeitsverhältnis, welches nicht selten zu auswegslosen Situationen führt.

Ihre Arbeit wird durch eine patriarchale Brille betrachtet und in Anspruch genommen. Dadurch findet eine Verobjektivierung der Sexualität der Sexarbeiterinnen_ statt. Ihre Bedürfnisse geraten dabei meist aus dem Blick oder werden gar nicht berücksichtigt. Oft eignen die Männer sich in einem patriarchalen Akt den Körper der Frauen an. Nicht zuletzt auch weil (durch den öffentlichen Diskurs mitbestimmt) sie die bloße Bezahlung als einen Freibrief betrachten, sich über Grenzen der Arbeiterin_ hinweg zu setzen. Diese Problematik gilt es öffentlich zu machen und sich für die Rechte der Arbeiterinnen_ einzusetzen.

Ansätze dafür gibt es schon, wie Kampagnen, in denen sich Sexarbeiterinnen_ organisieren und bereits erfolgreich Widerstand geleistet haben.13

Darüber hinaus ist ein weiteres Feld die rassistische Staatspolitik, die für illegalisierte Sexarbeiterinnen_ ein umfassendes Problem darstellt.14

Auch um die Thematisierung sexistischen und rassistischen Alltags im Göttinger Rotlichtmilieu soll es gehen, wenn der rechte Szenesumpf im „Moonlight“ angegangen wird!


(Im folgenden ist der Aufruf zur Kundgebung dokumentiert)

Schöner Leben ohne Naziläden

Am Samstag, den 12. Juli 2008, wird in der TableDanceBar "Moonlight" in der Hannoverschen Str. 86 ein NaziKonzert stattfinden.

Unter dem Titel einer "privaten Geburtstagsfeier" sollen die vier Bands Spy Kids, AntiClockwise, Rampage und Sinners Since Birth auftreten. Während die SpyKids 2005 mit anderen Nazibands (Razorblade und Last Riot) aufgetreten sind, zeichnen sich die anderen vor allem durch einen eindeutig rechten Fankreis aus.

Ähnlich ist es bei dem Laden "Moonlight": Der Anmelder der MoonlightDomain im Internet ist kein Unbekannter: A. Muce wurde Anfang der 90er Jahre dem Umfeld von Thorsten Heise (militanter Nazi und Bundesvorstand NPD) in Northeim zugerechnet. Dann wurde es lange Jahre ruhig um ihn. Nun ist er wieder auf der Tanzfläche erschienen. Die seit Mai in Göttingen neu betriebene TableDanceBar hat auch im Internet viele Freunde. So befinden sich auf der MyspaceSeite des "Moonlights" viele Freundschaftsverlinkungen zu bundesweiten Nazis.

Auch der dort verlinkte "Adlerversand" hat sein Erscheinen bei der Party angekündigt und bietet seinen KundInnen im RockOiForum sogar an, vorbestellte Ware zum Konzert mitzubringen. Dieser Versand ist eindeutig der rechtsextremen Szene zuzurechnen, denn auf der "Adlerversand"Seite befinden sich allerlei NaziDevotionalien.

Damit dürfte auch klar sein, an wen sich das Konzert am Samstag richtet. Der eigentliche Veranstalter dieser "Party", der dazu in verschiedenen Foren eingeladen hat, ist ein, nach eigenen Angaben auf seiner MyspaceSeite, 33jähriger Göttinger Skinhead. Er bewirbt dort zum Teil verbotene, rechtsradikale Bands, wie: Skrewdriver, Sleipnir, Kategorie C etc.

Es ist davon auszugehen, dass diese "NaziPartys" in Göttingen etabliert werden sollen. Nicht mit uns!

NaziLäden dicht machen!

Kommt zur Kundgebung:

Wann: Samstag, den 12. Juli 2008 um 18.00 Uhr

Treffpunkt: Kreuzung An der Lutter/Hannoversche Straße (Autobahnzubringer Nord)


1) Vgl hierzu: http://de.indymedia.org/2008/07/221834.shtml und den unten dokumentierten Aufruf zur Kundgebung

2) Vgl. hierzu: Göttinger Drucksache vom 11. Juli 2008

3) Infos zum Adlerversand auf der Homepage der A.L.I.:
http://www.inventati.org/ali/index.php?option=com_content&view=article&id=1144:rechtsrockkonzert&catid=5:solidaritaet

4) Siehe hierzu: http://www.goettingen.de/magazin/artikel.php?artikel=1793&menuid=619&topmenu=637

5) www.goest.de

6) Vgl. hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/Thorsten_Heise und „Neonazis in Südniedersachsen“ Eine 25 Seitige Broschüre zu Neonazis in der Region. Erhältlich im Roten Buchladen.

7) http://de.indymedia.org/2008/07/221834.shtml

8) Im Gegensatz zur geläufigen Nutzung des Begriffs wollen wir keinerlei normative Wertung vornehmen. Der Begriff soll einen sozialen Kontext beschreiben, den es zunächst zu begreifen gilt.

9) Das bekannteste Beispiel dürfte an dieser Stelle der Betreiber des – inzwischen erfolgreich bekämpften - Naziladens ‘East Coast Corner‘ in Rostock, Thorsten de Vries sein, der mit seinen Kontakten im Hamburger Rotlichtmilieu prahlt.

10) Auch die Freiwilligkeit muss insofern eingeschränkt werden, als dass soziale und andere gesellschaftlichen Zwänge in den Kontext mit einfließen.

11) Vgl. hierzu den Text „Über Definitionsmacht“ im AS.ISM #1. Im Internet unter: www.antisexismonline.tk

12) In diesem Artikel wählen wir bewusst den Gap_Unterstrich und setzen ihn am Ende des Begriffs Sexarbeiterin_, um darauf aufmerksam zu machen, dass es sich bei Sexarbeit um einen Berufszweig handelt, der einerseits mehrheitlich von Frauen ausgeübt wird, deren zum Teil miese Arbeitsbedingungen sich auch nur über geschlechtsspezifische Unterdrückung fassen lassen (zum Beispiel im Zusammenhang mit sexualisierten Übergriffen) und andererseits grundsätzlich ein Beruf ist, der nur durch den patriarchal vermittelten Kapitalismus gefasst werden kann. Der Unterstrich soll dabei darauf aufmerksam machen, dass auch trans- und intersexuelle Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, von patriarchalen Unterdrückungsmechanismen betroffen sein können und sind. Hierbei sollen männlicher Stricher nicht ignoriert oder ausgeblendet werden. Allerdings ist ihre Situation innerhalb der patriarchalen Gesellschaft anders einzuordnen.

13) Ein Beispiel hierfür ist die aktuelle Kampagne in Österreich „SexarbeiterInnen haben Lust...auf ihre Rechte!“ (http://www.lustaufrechte.at/)

14) Eine umfassendere Analyse dieses Problems liefert ein Text des AK Gender aus dem Jahr 2007: „illegalisierte sexarbeiter_innen in der brd“. Im Internet unter: http://kompi.homelinux.org/mirror/www.gender-net.de/?npage=334

Erschienen am: 18.07.2008 zuletzt aktualisiert: 18.07.2008 18:45 AutorIn: Milli