Das Studentenwerk droht den selbstverwalteten Häusern
in der Roten Straße, im Kreuzbergring und in der Gotmarstraße
Bereits seit einigen Jahren läuft von Seiten des Studentenwerks die Umstrukturierung selbstverwalteter Wohnheime. In vielen WGs und einigen selbstverwalteten Häusern wurden die Kollektiv- oder Hauptmietverträge gekündigt und in Einzelmietverträge umgewandelt. Mit dieser Umstrukturierung ging zudem eine Mieterhöhung um bis zu 20% durch Anhebung der Nebenkosten einher.1 Inzwischen hat sich unsere damalige Vermutung, dass die übrigen selbstverwalteten Wohnheime als nächstes auf der Abschussliste des Studentenwerks stehen, bewahrheitet und in eine konkrete Drohung umgesetzt.
Die Wohnheime, in denen Groß-WGs mit je bis zu zehn Menschen leben, sollen unbedingt ihre kollektiven Mietverträge aufgeben, sodass die Augen des Studentenwerks ohne Probleme auch noch die letzten Ecken seines Verwaltungsbereichs reichen können. Bisher werden Menschen, die sich für eine Wohnung in einer dieser Wohnheime anmelden wollen, freundlich an die Bewohner_innen verwiesen. Hierdurch können diese selbst entscheiden, wer bei ihnen einzieht. Darüberhinaus gibt es keine derart ausgebauten Überwachungsmöglichkeiten, wie in anderen Häusern des Studentenwerks, in denen die meisten Angelegenheiten zentral geregelt werden. Mag gar nicht so schlimm sein? „Muss ich mich nicht ums sauber machen kümmern, das Studentenwerk erledigt schon alles Nötige für mich“, werden sich so manch Serviceorientierte_r vielleicht denken. Doch das widerspricht dem Anspruch der selbstverwalteten Projekte. Ihnen geht es darum, möglichst große Freiheiten und Selbstorganisationsprozesse zu schaffen. Es geht darum, ohne jemanden auszukommen, der_die einer_einem erzählt, wie man zu leben habe; darum, dass man selbst entscheidet, wie und mit welchen Mitteln man leben möchte. Damit machen diese Projekte, die gerade aus einer Kritik an der autoritären Gesellschaft entstanden sind, diese nicht zu einer besseren, aber immerhin gibt es dadurch ein paar Orte, an denen emanzipatorische Organisations- und Lebensformen ausprobiert werden können.
Die Gewaltandrohung
Doch für solche Träume bleibt im Moment wenig Raum. Das Studentenwerk hat bereits mit Gewalt gedroht und ist dabei diese praktisch in die Tat um zu setzen. Einigen Kollektiven der Häuser wurden unterschiedliche Ultimaten gesetzt an denen sie sich entschieden haben müssen, ob sie sich dem Zwang der Individualverträge beugen oder nicht. Tun sie es nicht, bedeutet dies die Kündigung. Ganz nach dem Motto: “Friss oder Stirb“ wurden in den vergangenen Monaten einige Häuser konkret mit dem Angriff des Studentenwerks konfrontiert Die Kampagne „Here to stay“, die von den Bewohner_innen der Häuser gestartet wurde, deutet aber darauf hin, dass sie sich von der Strategie des Studentenwerkes nicht einschüchtern lassen und entschlossen die Selbstverwaltung der Häuser verteidigen werden. Das Studentenwerk sieht die Legitimität seines Handelns in der allgemeinen Tendenz der heutigen Gesellschaft zu verstärkten Repression gegenüber Freiräumen. Wir, das Basisdemokratische Bündnis, solidarisieren uns mit den Betroffenen dieser repressiven Umstrukturierung und fordern das Studentenwerk ausdrücklich auf, jegliche weiteren Schritte, die nicht zu einer Lösung der Situation führen, die den Anliegen der Menschen in den Wohnprojekten gerecht werden, unterbleiben zu lassen.
Wider die repressiven Umstrukturierungen
Diese Umstrukturierungen geschehen nicht zufällig. Sie folgen einer ganz bestimmten gesellschaftlichen Logik, die sich in den letzten Jahren zunehmend durchgesetzt hat. Gerade im Uni-Alltag wird deutlich, wie sehr die repressiven Umstrukturierungen bereits Standard geworden sind. Die Einführung von Langzeitstudiengebühren legten den ersten Grundstein für die Durchrationalisierung des Uni-Alltags. Wie eine Ware auf dem Laufband, die Mängel aufweist, werden Studierende aussortiert. Das Gleiche gilt für die Einführung von allgemeinen Studiengebühren. Menschen, die sich ihr Studium nicht selbst finanzieren können, dürfen inzwischen auch gar nicht mehr anfangen, wenn sie sich nicht am Ende vor einem Schuldenhaufen sehen wollen. Doch erst die Einführung von BA/MA hat gezeigt, wozu das Studium heutzutage eigentlich bloß noch erforderlich sein soll. Es geht um die autoritäre Dressur und um das Gefügigmachen von Menschen für die profitable Verwertung. Sie sollen möglichst flexibel und stressbeständig sein, damit am Ende für die Ökonomie ja auch bloß eine Arbeiter_innen-Armee zur Verfügung steht, die den sich zunehmend schneller ändernden Ansprüchen der Wirtschaft standhält. Was bedeuten da schon die Bedürfnisse der einzelnen Individuen?
Freiräume für Alle!
Deshalb stehen die Geschehnisse rund um die selbstverwalteten Projekte im engen Zusammenhang mit der Uni und der Gesellschaft als Ganzes. Wir fordern daher über das Obengenannte hinaus: Das Studentenwerk soll allen Bewohner_innen aller Studentenwerkshäuser mit kollektiven Wohnräumen die Möglichkeit bieten Kollektivverträge einzugehen. Aus unserer Sicht ist es schlichtweg inakzeptabel, dass die Wohnbedingungen derart autoritär und zentralistisch geregelt werden, wie das beim Studentenwerk inzwischen der Fall ist. Darüberhinaus rufen wir alle Studierenden dazu auf, sich mit den Bewohner_innen der bedrohten Projekte zu solidarisieren und auf die Demo am 11.08. in Göttingen zu kommen.
In diesem Sinne:
Freiräume für Alle!
Für ein selbstbestimmtes Wohnen!
1) vgl. "Niemand hat die Absicht..." in BB-Zeitung #9