Stupa verurteilt Polizeieinsatz auf dem Campus - Anzeige wegen Anwesenheit auf Spontandemo

Die Räumung des selbstverwalteten Cafés 1140 auf dem Campus der Uni Göttingen ist an sich schon skandalträchtig genug, um einen umfassenden Artikel zu schreiben (Siehe dazu Seiten 6-8). Aber nicht nur von der Uni, auch von Seiten des Staates wird fleißig zurückgeschlagen und kriminalisiert. Statt des ganzen Freiraumprojekts pickt dieser sich Einzelne heraus.

Es ist zwar nichts Wert, aber immerhin steht es auf Papier – deine Freiheit

Zunächst die gute Nachricht: Das Studierendenparlament hat den Polizeieinsatz auf dem Campus der Uni Göttingen verurteilt und verlangt vom Präsidium sowohl eine angemessene Erklärung als auch eine Entschuldigung für den Polizeieinsatz, der nur durch die Unileitung genehmigt werden konnte. Darüberhinaus fordert das StuPa die Zurücknahme der Strafanzeigen. Doch es ist nicht alles Gold was glänzt.1

Der AStA hat unmittelbar nach der Räumung des Cafés eine Pressemitteilung veröffentlicht.2 In dieser hatte er die Räumung verteidigt und damit der Polizeigewalt und der Kriminalisierung von legitimen Protest in die Karten gespielt. Diese Pressemitteilung ist ein politisch falsches Signal an die Unileitung. Darüberhinaus ist die Tatsache, dass noch zwei Monate nach dem StuPa Beschluss, die Pressemitteilung zur Räumung auf den AstA-Seiten steht eine Absage an die formalisierte Demokratie, wie sie der ADF hochhält.

Deshalb fordern wir den AStA dazu auf, die Position zum Polizeieinsatz in der Pressemitteilung öffentlich zurück zu nehmen.

Leider gibt es auch darüber hinaus noch unerfreuliche Nachrichten. Einem Studenten wurde eine Anzeige wegen Landfriedensbruch zugestellt. Ihm wird die bloße Teilnahme an der Spontandemonstration nach der Räumung des MZG 1140 vorgeworfen. Diese Anzeige ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die sich gegen das illegitime Vorgehen der Unileitung und der Polizei aussprechen. Die Demonstration, an der sich über 350 Menschen beteiligt haben, fand am Abend der Räumung des selbstverwalteten Cafés statt. Sie war lautstark und sollte der Unileitung vermitteln, dass eine Räumung des Cafés auf starken Unmut stößt und es eine breite Basis für dieses Café gibt. Neben Schlagstockeinsätzen, Tritten und Faustschlägen ins Gesicht ist dies nun die nächste Stufe der Repression von Seiten des Staates gegenüber den Demonstrierenden.

Big Brother is always watching

An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob es nicht nur legitim, sondern auch wichtig ist, dass Menschen in der Lage sein sollten, gegen Ungerechtigkeit und Repression auf die Straße zu gehen. Ist es nicht unbedingt notwendig in Zeiten des Bildungsabbaus, des Abbaus sozialer Sicherheiten, der allgemeinen Senkung der Löhne, einer gleichzeitigen Aufrüstung der inneren ‘Sicherheit‘ und vermehrter Einsätze der Bundeswehr im In- und Ausland, sich gegen die herrschenden Verhältnisse zur wehr zu setzen?

Das sieht der Staat – was nicht ganz überraschend ist - offenbar anders. Denn die Anzeige ist kein Einzelfall – immerhin verschärft sich bundesweit die Repression gegenüber kritischen, emanzipatorischen Bestrebungen – und macht deutlich, dass versucht wird, bereits die niedrigschwelligste Form des Protests durch Kriminalisierung zu ersticken.3

Die Teilnahme an einer Demonstration, sollte kein Grund für eine Anzeige und schon gar keiner für eine Strafe sein. Das Mittel der Demonstration, um eine Öffentlichkeit zu schaffen und gegebenenfalls politischen Druck aufzubauen – worunter auch eine spontane Demonstration zählt – ist ein Recht, dass in dieser Gesellschaftsform mehr als verteidigt gehört. Es sollte eigentlich dafür gestritten werden, dieses Recht auszuweiten. Auf keinen Fall sollte es zu einer Kriminalisierung derer kommen, die Kraft und Energie aufwenden, um für akzeptablere Bedingungen zu streiten.

Es ist leider nicht unwahrscheinlich, dass noch mehr Menschen, die an dem Abend demonstriert haben, eine Anzeige bekommen haben. Daher bitten wir euch – falls ihr in diesem Zusammenhang von staatlicher Repression betroffen seid – wendet euch an die Rote Hilfe.4 Es wäre auch hilfreich, wenn ihr Kontakt zu uns aufnehmen würdet. Eventuell kann man sich gemeinsam über eine angemessene Antwort auf diese Repressionen gedanken machen.

Zuguterletzt fordern wir das StuPa dazu auf, die Anzeige zu verurteilen und den AStA aufzufordern, sich für die Einstellung des Verfahrens einzusetzen.


1) Beschluss des Studierendenparlaments vom 19.2.08. http://stupa.uni-goettingen.de/index.php?id=890. Zuletzt eingesehen am 20.3.08

2) Pressemitteilung des AStA. Im Internet unter: http://asta.uni-goettingen.de/index.php?id=941. Zuletzt eingesehen am 28.3.08

3) In Göttingen ist dies bereits der dritte Fall in Folge, wo Einzelpersonen nach legalen und legitimen Demonstrationen eine Anzeige bekommen haben.

4) http://puk.de/rhgoe

Erschienen am: 16.04.2008 zuletzt aktualisiert: 16.04.2008 23:08 AutorIn: email-address