Eine Frage der Logik

Wer studieren möchte, wie weit menschliche Existenzen doch an der gesellschaftlichen Realität vorbeidenken können, der schaue sich einfach mal die NachwuchspolitikerInnen der Liberalen an. Als deren Kaderorganisation, die „Jungen Liberalen”, bemerkt haben, dass die Kinderarmut mittlerweile die Altersarmut übersteigt, präferierten sie nicht etwa zunehmende Maßnahmen gegen die Verarmung von Kindern, sondern forderten der Einfachheit halber die Alten zum sozialverträglichen Frühableben auf: „Julis: Alte gebt den Löffel ab”, war ihre Pressemitteilung1 betitelt, die zu lesen einem ganz neue Eindrücke von sozialpolitischer Logik vermittelt: „1,1 Millionen Kinder unter 18 Jahren lebten Ende 2003 von Sozialhilfe. Das sind 7,2 %. Bei den über 65-Jährigen sind es nur 0,7 %. Hier ist die Quote innerhalb eines Jahres um die Hälfte gesunken. Vom Ziel der Generationengerechtigkeit sind wir so weit entfernt wie nie!” Wenn die Alten nun also ordentlich sterben würden, wäre wieder alles im Lot und die Generationengerechtigkeit wiederhergestellt. (Okay, der Gerechtigkeit halber sei angemerkt, das es den Julis wohl auch reichen würde, wenn die Alten einfach ein bisschen verarmten. Trifft einen ja nicht selber.)

Den Vogel abgeschossen hat aber wohl der Jungliberale Nachwuchs-Bundestagswicht Daniel Bahr. Der hat nämlich festgestellt, das die meisten Studierenden selber aus einem akademischen Elternhaus stammen. Sein Vorschlag für die Rettung des Bildungsstandortes Deutschland viel auch entsprechend einfach aus: Akademiker müssen mehr Kinder kriegen, dann ist alles in Butter2.

Ob er sich allerdings auch der Logik des Jungliberalen-Bundesvorstandes anschließen wird und die Kastration von HauptschulabsolventInnen fordert, ist bislang noch ungeklärt.

Bevor jetzt in Göttingen die Panik ausbricht, sei ergänzend erwähnt, der der Jungliberale Uni-Ableger in Göttingen, die Liberale Hochschulgruppe (LHG), bei den letzten Uni-Wahlen nur einen Sitz bekommen hat und mit ihrer Forderung nach Studiengebühren bislang noch recht einsam in der Gegend rum agitiert.

1) http://www.julis.de/dcms/user/dcms_surf.php?call_id=1-2-0-0-0-0&nr=314

2) http://www.welt.de/data/2005/01/25/400569.html

Erschienen am: 18.04.2005 AutorIn: email-address