Politik im Göttinger Sandkasten
Lehrauftragsvergabe am PoWi-Seminar
Das Seminar für Politikwissenschaft möchte die Vergabe von bezahlten Lehraufträgen ab sofort neu organisieren. Auf der letzten Vorstandssitzung wurden neue Vergabekriterien beschlossen. Bisher sei es recht undurchschaubar von statten gegangen, wie die Plätze vergeben werden. „Fair” und „transparent” soll es nun aber zugehen, heißt es in der Begründung des Antrags.
Neben Qualifikation und Erfahrung verdienen zwei Kriterien besondere Beachtung: Die Vergabe der Lehraufträge soll sich in Zukunft nur noch nach dem Bedarf der Module des Politik Bachelors richten. Einen Lehrauftrag für Inhalte, die nicht dem Bachelor-Profil entsprechen oder „interdisziplinär” den BA Politik verlassen wird also schwierig werden. Das zweite interessante Neuerung ist, dass die Vergabe nun von einem Wohnsitz in Göttingen abhängt. Die Göttinger Politik scheint kein Interesse mehr am Austausch mit Lehrenden von anderen Unis zu haben.
Wie der Zufall so will treffen diese Kriterien bei bestehenden Lehraufträgen besonders die Dozierenden Christine Löw und Adrian de Silva. Mit feministischer Theorie, Queer Theory1 und ähnlichen Inhalten, die die nackte politische Empirie aus kritischer Distanz betrachten, sind sie einigen am Seminar schon länger ein Dorn im Auge. Aus Göttingen kommen sie ohnehin nicht.
Damit fallen wichtige Pfeiler auch für das Fach Geschlechterforschung weg, das selbstverständlich nicht in den Modulanforderungen der Politik vorkommt. War schon das sog. „Clustering” von Fächern, bei dem parallel zu den Kürzungen einzelne Fächer an verschiedenen „Standorten” konzentriert und an anderen abgeschafft werden sollten, ein erster Hieb gegen ein interdisziplinäres Studium, so dient die Bachelor-Modularisierung als weitere Begründung, ein reduziertes Scheuklappen-Studium zu installieren.
Dies macht unter den Bedingungen des Bachelors sogar Sinn, denn wann sollen die an allen Ecken und Enden unter Stress gesetzten Bachelor-Studierenden auch die Zeit finden, einmal nach links und rechts zu schauen? Dem Seminar für Politikwissenschaft jedenfalls scheint dies sehr gelegen zu kommen: Wissenschaft im eigenen Sandkasten, nur mit eigenen SpielgenossInnen. Da hilft es auch nicht viel, sich noch so sehr mit hohlen Phrasen wie „kritisch-normativ” zu schmücken. Denn das hieße ja, sich Bildungspolitik aus einer Warte anzuschauen, die leider im Modulkatalog nicht vorgesehen ist.
1) Queer Theory ist eine Strömung in der Geschlechtertheorie, die von einer kulturellen Konstruktion von Geschlecht, Geschlechterrollen und Sexualitäten ausgeht, die in der sozialen Praxis beständig wiederhergestellt werden. vgl. „Geschlechtermatrix"