Christliche Archäologie trocken gelegt
Interview mit Prof. Dr. Arbeiter
Und wieder macht das Schreckgespenst der Kürzungen die Runde- diesmal im Fachbereich der Archäologie. Die BG Kulturanthropologie und das BB wollten Information aus erster Hand und befragten dafür Herrn Prof. Dr. Arbeiter. Im 1.Teil schildert er seine Sicht der problematischen Lage, im 2. Teil beantwortet er konkrete Fragen.
BG KA/EE: Wie sieht es nun finanziell in Ihrem Fach aus? Was wurde gekürzt?
Die Christliche Archäologie, die ohnehin - schon seit vor meinem Kommen nach Göttingen - ziemlich schlecht ausgestattet ist (ich bin der einzige feste Bedienstete), konnte jahrelang trotzdem halbwegs auskömmlich leben. Doch wird seit einiger Zeit in der ganzen Fakultät ein Teil der Finanzmittel unter dem Stichwort "Leistungsorientierte Mittelvergabe" (LOM) ausgeteilt. Dagegen ist dann nichts einzuwenden, wenn die Mittel für den Bereich wieder ausgegeben werden dürfen, aus dem heraus sie durch Leistung gewonnen wurden - in diesem Fall also für die Forschung (und im Grunde in der gesamten Fakultät nur für die Forschung, da die LOM m.W. bisher überhaupt nur für die Forschung eingeführt wurde, während die komplementäre LOM für Lehre und Studium noch gar nicht eingeführt ist). Doch bei uns und mutmaßlich in manchem anderen Fach dienen die LOM-Gelder eben ganz überwiegend doch für Lehre und laufenden Betrieb, sie fließen in den Normaletat. Wie und wann und wie schleichend die Ersetzung regulärer Etatgelder durch LOM-Gelder in den vergangenen Jahren stattgefunden hat, kann ich nicht sagen, da ich da zu arglos bin, da der Überblick über unsere Gelder in der Klassischen Archäologie gepflegt wird und namentlich da in den vergangenen Jahren keine schlagartigen Etatveränderungen zu spüren waren. Im Jahr 2007 aber wurden unsere Mittel plötzlich - unter Berufung auf die LOM - um über 5000 Euro herabgesetzt, wofür auch ein neuer LOM-Verteilschlüssel verantwortlich ist. Folge: Unser ganz normaler Betrieb, der kaum etwas mit Forschung zu tun hat, bricht zusammen. In Stunden der studentischen Hilfskräfte umgerechnet sind das über 500. Die Alternative besteht darin, überhaupt keine Bücher mehr zu kaufen. Beides ist natürlich inakzeptabel, vor allem dann, wenn das auf der Kürzung nicht eines Normaletats, sondern einer eigentlich als Forschungsprämie gedachten Zuwendung liegt.
BG KA/EE: Wer ist für den Beschluss über die Kürzungen verantwortlich, der Dekan der Phil. Fak.?
Prof. Arbeiter: Ich weiß nicht, welches Gremium für die Verteilung der LOM verantwortlich ist; es wird innerhalb der Fakultät sein. Das Grundproblem ist aber gar nicht das Schwanken der LOM (im Gegenteil: das ist ja gerade beabsichtigt, als Anreiz für gute Akquisition in der Forschung), sondern die für meine Begriffe verfehlte Einspeisung von LOM-Finanzen in den Normaletat (der ja nun gerade nicht schwanken, sondern verlässlich sein sollte).
BG KA/EE: Ab wann werden die Mittel gestrichen?
Prof.Arbeiter: Die LOM-Mittel wurden Anfang 2007 in ihrer um über 5000 Euro geringeren Höhe festgelegt. Alarm geschlagen habe ich im Mai, als mir klar wurde, was auf uns zukommt, und dann noch wiederholt geschrieben. Seit etwa Mai laufen wir auch ins Defizit, das mittlerweile etwa 5000 Euro beträgt. Bei alledem haben die studentischen Hilfskräfte hier bis Ende Oktober normal weitergearbeitet, weil ich selbstverständlich mit einer Korrektur seitens der Fakultät gerechnet habe.
BG KA/EE: Welche Auswirkungen hat das konkret? Die Rede war von der Nichtfinanzierbarkeit der HiWis. Wie viele gibt es an dem Institut, wurde denen bereits gekündigt?
Prof.Arbeiter: Es gibt 3 studentische Hilfskräfte (abgesehen von einer aus Studienbeiträgen finanzierten Teilzeit-HK), die sich eine Stelle teilen. Seit 1. November hat keiner von ihnen den Vertrag verlängert bekommen, und der reguläre Betrieb hier hat aufgehört. Die Dias in meiner Vorlesung schiebe ich selbst.
BG KA/EE: Wie sieht es mit den Studierenden aus? Soll der Studiengang auslaufen? Wie hoch waren die Einschreibungen in den letzten Jahren?
Prof.Arbeiter: Der Studiengang soll beileibe nicht auslaufen; gerade haben wir die Master-Ordnungen eingereicht. Wir hatten die letzten Jahre und Semester konstante Studierendenzahlen, und im laufenden WS ist die Zahl der B.A.-Studierenden mit dem Schwerpunkt Christl. Arch. von 7 auf 17 hochgegangen.
BG KA/EE: Haben Sie persönlich Ideen für Protestformen, um die Verhältnisse öffentlich zu machen und sich somit gegen sie zu wehren?
Prof.Arbeiter: Meine Schritte, um die Situation zu retten, waren seit Mai höflich, bestimmt und zivilisiert; vor allem kann niemand sagen, die jetzige Lage sei überraschend gekommen. Ich habe Stunden und Tage mit meinem Einsatz verloren, und meine Studierenden wissen das sehr zu schätzen. Falls meine Interventionen auf Fakultätsebene nichts nützen, gehe ich auf höhere Ebene. Die Studierenden haben eine Unterschriftenliste im Dekanat eingereicht. Juristisch gesehen sind es vor allem die Studierenden, die Handlungsmöglichkeiten haben, denn die konkreten Fragen lauten: Worin besteht hier eigentlich ein Anspruch, und wer hat ihn durchzusetzen? Antwort: Der Anspruch besteht auf ordnungsgemäße Lehre, und durchzusetzen haben ihn die Studierenden. Ob es nötig wird, ihn durchzusetzen, und ob sie ggf. dann auch die Initiative ergreifen, wird sich zeigen.