Antisemitische Veranstaltung in Göttingen - StuPa schweigt

Für Mittwoch den 24. November hatte die Burschenschaft Holzminda den Ex-General Reinhard Günzel eingeladen. Günzel ist der ehemalige Chef des Kommando Spezialkräfte (KSK), einer Elite-Einheit der Bundeswehr. Ehemalig deshalb, weil er eine antisemitische Rede des CDU-Abgeordneten Martin Homann zum 3. Oktober (in der er sich über die "dunklen Flecken" in der Geschichte des jüdischen Volkes ausließ und im Zusammenhang der Verbrechen der Bolschewiken darüber philosophierte, wie das denn mit den Juden als "Tätervolk" sei) per Brief so kommentierte: "Eine ausgezeichnete Ansprache - wenn ich mir dieses Urteil erlauben darf - wie man sie mit diesem Mut zur Wahrheit und Klarheit in unserem Land nur noch selten hört und liest."

ZDF- Reporter veröffentlichten diesen Brief und so ist Günzel nun seit November 2003 unehrenhaft entlassen. Das stört ihn aber bestimmt nicht sonderlich, denn nun darf er endlich offen seine rassistische Geisteshaltung zur Schau tragen. So zum Beispiel, wenn er, wie der ”Stern” meldet, als Redner bei einer Berliner Veranstaltung der rechtsextremen Wochenzeitung "Junge Freiheit" und des ihr nahe stehenden "Institut für Staatspolitik" antritt. (Die "Junge Freiheit" steht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Das "Institut für Staatspolitik" aus Sachsen-Anhalt wird vom Verfassungsschutz als "antidemokratisch" eingestuft). Im Interview mit der "Jungen Freiheit" beklagte sich Günzel, dass heute "Rechte" als Vaterlandsverräter gelten.

Ebenso redet Günzel auf Veranstaltungen des Deutschen Ritterordens – ein von Hitler gegründeter Verein besonders verdienter SS- Elitesoldaten. Und das ist für Günzel ganz normal, denn, so argumentiert Günzel vor einer Kamera, die KSK- Soldaten sind ja auch Elitesoldaten, wie es die SS-Soldaten auch waren.

Als Günzel nun also von der als national-konservativ geltenden Burschenschaft Holzminda eingeladen wurde, gab es einen Antrag im Studierendenparlament (Stupa), der AStA (bestehend aus ADF und Jusos) möge doch gegen diese offen zur Schau getragene Verherrlichung des Nationalsozialismus zur Tat schreiten und gegen die Veranstaltung mobilisieren. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Begründung: Zu Antisemitismus und Verherrlichung des NS könne man stehen wie man wolle – mit studentischer Politik habe das allerdings nichts zu tun. Deshalb sei der Antrag aus formalen Gründen abzulehnen.

Ganz so, als wären Burschenschaften keine studentischen Verbindungen und Antisemitismus die Privatmarotte einiger Ewiggestriger. Was hieße es denn, das zu Ende zu denken? Auschwitz müsste in diesem Weltbild wohl als leider bedauerlicher Kollateralschaden einer Politik betrachtet werden, die ansonsten spurlos an den deutschen Universitäten vorbeigegangen ist. Aber so ist es eben gerade nicht: Burschenschaften sind eben Teil der Universität und als solche eben auch Teil studentischer Politik. Und Antisemitismus ist eben – ähnlich wie Rassismus – eine menschenverachtende Ideologie, unter derem Verdikt noch heute Menschen – auch in Deutschland – zu leiden haben. Warum wohl versteckt sich die jüdische Gemeinde in Göttingen in abgelegenen Hinterhöfen – und traut sich nicht, wenigstens ihren Namen ans Klingelschild zu schreiben? Solche Entwicklungen sind in der Verantwortung aller. Wegschauen ist auch eine Aussage!

Sehr passend dazu waren auch zwei Bemerkungen, die während der selben Sitzung des Stupa von Mitgliedern gefallen sind. So bemerkte AStA-Vorsitzender Daniel Flore, er habe sich noch nicht mit Rassismus an der Uni auseinandergesetzt und halte das auch nicht für nötig. Oder Christian Ziegenhorn, der einst Homosexualität als eine Art Behinderung bezeichnete, konterte auf die Frage, das man mit einer solchen Einstellung ja jedes Thema abwürgen könne, grinsend mit einem kurzen und knackigen: „Richtig, das kann man.”

Gute Nacht.

Erschienen am: 10.12.2004 AutorIn: email-address

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