Herzlich Willkommen in Deutschland
Wo der Fremdenhass zu Hause ist – Ein Kommentar
„Boah, unsere Firma hat schon wieder 20 Türken eingestellt, das Dreckspack is so ätzend!“
Dies war der erste deutschsprachige Satz, den ich nach einem zweiwöchigen Spanien-Urlaub hörte, als ich in mein Flugzeug zurück nach Berlin stieg. Ich war vollkommen fassungslos und entsetzt. Zwei Wochen Verdrängung, völlig umsonst. Die Realität prasselt auf mich ein und wie immer fühlte ich mich in einer solchen Situation vollkommen ausgeliefert. Mir blieb nur die Hoffnung, weitestmöglich entfernt einen Platz zu bekommen. Meine gute Stimmung war dahin. Doch bei diesem Ereignis blieb es nicht.
Nach der Landung – auf dem Weg zu meinem Gepäck – zogen sie plötzlich vor mir Personen zu einer Personalkontrolle heraus. Auf die Frage des Einen, warum er und nicht die anderen vor ihm, bekam er von dem Beamten nur die Antwort. „Hier steht doch schon einer so wie du.“ Das abfällige „so wie du“ galt einer Person mit einer schwarzen Hautfarbe. Das Kriterium war eindeutig.
Mein „Was ist das denn für ne rassistische Scheiße?!“ wurde nicht für voll genommen, wahrscheinlich war ich auch zu leise. Meine Wut war jedoch so riesig, dass mir fast die Tränen kamen.
Die Krönung erlebte ich dann beim Ausgang. Ein alter Mann sprach den Zollbeamten in einer anderen Sprache an. Der Zollbeamte gab ihm daraufhin zu verstehen: „Wir sind hier in Deutschland, hier spricht man Deutsch. Ansonsten brauchste bei mir nicht ankommen“.
Ich denke mir, diese Erlebnisabfolge spricht für sich. Mit Erschrecken stellt man immer wieder fest: Dies alles ist kein Zufall. Das ist Alltäglichkeit. Es begegnet uns auf einem internationalen Flughafen, auf der Straße, bei Freund*innen und in der eigenen Familie. Vorurteile und der Hass auf das Fremde und Andere wird internalisiert und als etwas vollkommen Legitimes verhandelt. Menschen glauben, mit solchen Bemerkungen auf Zustimmung zu stoßen und fühlen sich mit ihrem Verhalten im Recht. So ist es, wenn man in Deutschland ankommt, so ist es, wenn man hier lebt.
Wie so oft ist man gelähmt, weil diese Situationen von so vielen akzeptiert werden. Die Mutter einer Freundin glaubt, dass „Ausländer“ kein Recht hätten, hier in Deutschland zu arbeiten. Mein Bruder meint, die seien eh nur faule Schmarotzer, die sich nicht der „deutschen Kultur“ anpassen wollen.
Man schwimmt in einer Blase mit. All diese Situationen gehören zur Normalität und bei nur wenigen Personen rufen sie Irritation hervor. Den Zollbeamten habe ich angepöbelt, mit meinem Bruder habe ich gestritten, aber das ist nichts, was sie gewöhnt sind. Ich bin auf einmal nur diejenige, die sich irritierend verhält, die von der Norm abweicht, sich in private Gespräche einmischt, die Souveränität des Zollbeamten angreift oder gar als „intolerant“ gilt.
Klar ist, wir müssen eine Praxis entwickeln, diesem alltäglichen Rassismus entgegenzutreten. Aus der Handlungsunfähigkeit, in die uns diese Gesellschaft mit bestimmten Normen und Verhältnissen manövriert, müssen wir ausbrechen.
Ich möchte aufstehen und mich einmischen und ich möchte mir der Solidarität Vieler sicher sein. Wenn jemand in der Öffentlichkeit rassistische Bemerkungen von sich gibt, dann denke ich, kann die Person sich nicht mehr auf ihre private Angelegenheit zurückziehen. Wenn die Mutter dies tut, dann muss sie mit dem Widerstand ihrer Kinder rechnen, und kann sich nicht auf deren Liebe berufen. Wenn mein Bruder darauf besteht, dass Rassismus „seine eigene Meinung“ ist, dann soll er nicht glauben, dass ich diese akzeptiere. Der Kampf gegen den Rassismus gehört in den Alltag.