Kommentar: Burschenschafter stören 1. Mai Kundgebung in Göttingen. 300 Neo-Nazis greifen DGB-Demo in Dortmund an.
Wie gewohnt fand dieses Jahr am 1. Mai die Gewerkschafts-Demonstration vom DGB-Haus zum Alten Rathaus statt. Wie gewohnt waren auch diesmal einige hundert Gewerkschatler*innen und solidarische Menschen auf dieser Demo und anschließend auf der Abschlusskundgebung. Dort wurden – ebenfalls wie gewohnt – Reden gehalten, die aus aktuellem Anlass dieses Jahr die kapitalistische Krise thematisierten.
Doch als gegen Ende der Kundgebung Mehrdad Payandeh vom DGB-Bundesvorstand eine Rede hielt, kam es zu einem Zwischenfall. Ca. 8 betrunkene Burschenschafter, von denen vorher schon zwei aufgefallen waren, weil sie pöbelnd durch die Kundgebungsmenge liefen (beim ersten Mal wurden sie noch relativ freundlich gebeten, die Kundgebung zu verlassen), liefen Richtung Podium. Einer von ihnen – gekleidet in Lederhosen und Wanderstiefel – trug ein Jagdhorn bei sich, mit dem er die Melodie der Kavalerie spielen wollte.
Nach einigen Sekunden gelang es den Teilnehmer*innen der Kundgebung die Burschenschafter vom Kundgebungsort zu entfernen. Nach dem beherzten Eingreifen der Demonstrant*innen gaben die Burschis dann auch auf und verdrückten sich saufernderweise wieder in das Café “Schucan”? am Marktplatz. Die Polizei, die erst auftrat, als die Situation schon geklärt war, griff nicht weiter ein und belangte auch die Burschis nicht wegen Störung einer Versammlung. In einer Ansprache kurz darauf machte DGB-Chef Lothar Hanisch klar, dass rechte Jugendliche wie Burschenschafter und Verbinder auf einer linken Veranstaltung wie der 1. Mai Kundgebung nichts verloren haben.
Dies ist seit Jahren das erste Mal, dass Burschis, die nicht den rechtsextremen Burschenschaften Hannovera oder Holzminda zuzurechnen sind, sich in Göttingen politisch betätigen. Auch wenn ihr Alkoholpegel durchaus dazu beigetragen haben wird, auf die Idee zu kommen, eine linke Veranstaltung zu stören, darf das Signal nicht unterschätzt werden. Seit einiger Zeit warnen wir vor allem im Uni-Betrieb schon vor dem menschenverachtenden Gehalt von Verbindungen und Burschenschaften und deren grundsätzliche Offenheit in Bezug zu neo-nazistischen Denkbildern. Spätestens jetzt sollte klar sein, dass die Krise auch im rechten Lager eine Mobilisierung hervor ruft.
Im Vergleich zu Dortmund verlief die Mai-Demonstration in Göttingen jedoch relativ ruhig ab. Dort griffen rund 300 Neo-Nazis die 1. Mai Demo des DGB mit Steinen und Flaschen an. Es gab mehrere Verletzte und die Polizei schritt auch hier erst gegen die Neo-Nazis ein, als Demonstrationsteilnehmer*innen versuchten, sich gegen den Angriff zur Wehr zu setzen. Besonders problematisch ist dabei, dass die Polizei gewaltsam gegen einen Gewerkschafter vorging und diesen festnehmen wollte, während die Neo-Nazis in aller Ruhe fliehen konnten. Die Polizeikräfte verletzten den Demonstranten u.A. am Kopf durch Fußtritte.
Erst nach einiger Zeit gelang es der Polizei den Großteil der 300 Neo-Nazis festzunehmen. Noch am Abend sollte eine antifaschistische Spontandemonstration am Dortmunder Hauptbahnhof starten, die jedoch von den Polizeikräften mit dem Vorwand, dass die Sicherheit der Demonstration nicht gewährleistet wäre, verhindert wurde.