Was heißt "Basisdemokratie"?

Während sich viele hochschulpolitische Gruppierungen als „demokratisch” bezeichnen, nennen wir uns „basisdemokratisch”. Aber wo genau soll da bitte der Unterschied sein?

This is what democracy looks like

Wenn sich fünf Leute auf dem Campus treffen und mit vier zu eins beschließen, den kleinsten und schmächtigsten der Gruppe zusammenzuschlagen, dann kann am demokratischen Charakter dieser Entscheidung kein Zweifel bestehen. Die Form von „Demokratie”, die im Studierendenparlament von den Mehrheitsgruppen praktiziert wird, ist in diesem Sinne ein Lehrstück in Sachen Demokratie. Sie wird hier als technisch ausgefeilter Abstimmungs- und Verwaltungsformalismus betrieben. Die eigentlichen Inhalte stehen nie zur Debatte. Es geht um die reine Form, die dadurch den Inhalt erstickt und ad absurdum führt.

Einen ähnlichen Charakter haben auch die Momente demokratischer Mitbestimmung innerhalb der Universität. Immer geht es um die Formalisierung von Entscheidungsprozessen. Aber auch wenn die Entscheidung, welcher Studiengang zu schließen ist, von einem demokratisch gewählten Gremium getroffen wird - die Frage, ob überhaupt geschlossen werden soll, bleibt stets außen vor. Die Forderung nach möglichst großem Einfluss aller auf die Veränderungen an der Hochschule kann also nicht bei einer simplen Formalisierung von Entscheidungsstrukturen stehenbleiben.

Das Wichtige dabei

Die demokratischen Bemühungen – an der Hochschule ebenso wie außerhalb – haben aber einen Kern, um den zu kämpfen sich lohnt: Das Versprechen, jede und jeden an den Entscheidungsprozessen gleichberechtigt zu beteiligen. Diesen Akzent wollen wir als Basisdemokratisches Bündnis stark machen. Dafür kann es natürlich kein Patentrezept geben, wichtig sind uns aber vor allem drei Dinge: Es müssen tatsächlich alle Regeln zur Debatte stehen, alle müssen auf die Vereinbarungen einwirken können, die Folgen für die Einzelnen müssen vergleichbar und vertretbar sein.

Was heißt das?

Wenn wir sagen, dass tatsächlich alle Regeln zu Debatte stehen müssen, dann heißt das: Auch die Ausfinanzierung der Hochschulen. Wenn wir sagen, dass alle die Möglichkeit haben müssen, auf die Vereinbarungen einzuwirken, dann ist das eine Absage an die Kungelsphäre zwischen AStA, Universitätsverwaltung und Ministerialbürokratie, in der angeblich im Sinne von „uns allen” Verhandlungen geführt werden. Wenn wir sagen, dass die Bedingungen, an all dem teilzunehmen, für die Einzelnen gleich sein müssen, dann heißt das: Es muss vergleichbare Möglichkeiten der Studienfinanzierung geben. Wer den halben Tag jobbt, wird sich kaum in die universitäre Selbstverwaltung einbringen wollen. Mehr Bafög und längere Anrechnungszeiten sind selbstverständlicher Bestandteil basisdemokratischer Politik.

Natürlich sind die Bedingungen nicht so wie oben geschildert. Und natürlich wird auch ein Basisdemokratisches Bündnis im AStA nicht von heute auf morgen solche Bedingungen herstellen können. Aber es geht darum, sich ihnen (zumindest schrittweise) anzunähern. Und es geht darum, im Zweifelsfall auf der Seite der Schwächeren zu stehen, wenn diese ihr Gewicht nicht voll einbringen können.

Erschienen am: 02.01.2006 zuletzt aktualisiert: 04.12.2008 10:29 AutorIn: email-address

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Literatur:

Christoph Spehr:
[Buch] Gleicher als andere
(Berlin, 2003)
ISBN: 3-320-02039-0