Antimilitaristische Aktion in Göttingen

DAF-Veranstaltung mit Referent der Bundeswehr verhindert

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Deutschland führt Krieg. Soldat*innen der Bundeswehr treiben in verschiedenen Teilen der Welt ihr mörderisches Unwesen, so auch in den Gewässern vor der südost-afrikanischen Küste. Neben der Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“, die im Rahmen der „Enduring Freedom“-Mission am sogenannten Kampf gegen den Terrorismus beteiligt ist, hat seit dem 19. Dezember 2008 das Kriegschiff der deutschen Marine „Karlsruhe“ das „robusteste Mandat“ der deutschen Nachkriegsgeschichte, so der damalige Verteidungsminister Jung. Im Auftrag der EU-Mission ATALANTA ist die Einsatzgruppe MarOp der Bundeswehr in einen internationalen Militäreinsatz eingebunden, der nicht einmal mehr offiziell als „humanitär“ bezeichnet wird. Unter dem Vorwand der Bekämpfung krimineller Piraterie wird so einer der wichtigsten Seewege im Interesse des deutschen Außenhandels geschützt, ohne auf die sozialen Hintergründe1 der „modernen Piraterie“ einzugehen.

Da kriegerische und militärische Operationen meist und zu recht sehr unpopulär sind, ist die Bundeswehr schon seit längerem bemüht, ihr Bild und ihren Rückhalt in der Bevölkerung zu verbessern. Dabei greift sie gerne auf zivile Hilfestellungen zurück, wie etwa von der „Demokratischen Aktion Fachschaft“ (DAF), einer rechts-populistischen Hochschulgruppe an der Juristischen Fakultät.

Diese lud zu einer Veranstaltung am 26. November 2009 mit dem Titel „Moderne Piraten - Welche Bedrohung stellen sie dar und wie kann man ihnen entgegentreten“ in einen Raum im Verfügungsgebäude unserer Universität ein. Als Referent hatte sie den Kapitänleutnant Gunter Körtel vom Einsatzführungskommando MarOp geladen. Dieser marschierte dann um 18:00 Uhr frech in Marine-Uniform, begleitet von einem weiteren uniformierten Soldaten, durch die Tür des Verfügungsgebäude in den Raum 2.101, wo auch schon die DAFler*innen freudig auf sie warteten.

Zur Überraschung des Bundeswehrreferenten kamen kurz vor Beginn eine ganze Reihe Aktivist*innen in den Raum, hängten Transparente («Bundeswehr wegtreten») und Plakate («mörderische Soldaten») auf und erklärten die Veranstaltung für beendet.

Militär hat an der Universität und auch anderswo nichts zu suchen!

Nach einer knappen halben Stunde friedlicher Blockade gaben die Veranstalter*innen und Referenten auf und verließen das Gebäude. Aktivist*innen begleiteten sie daraufhin bis zum Iduna-Gebäude, um sicherzustellen, dass diese Veranstaltung nicht an einen anderen Ort verlegt wird.

An der Situation vor Somalias Küste wird die Brutalität kapitalistischer Ausbeutung wie unter einem Brennglas sichtbar: Zuerst fischen Fischereiflotten aus den Metropolen die Meere vor der somalischen Küste leer und verseuchen die Gewässer, indem sie allerhand Schad- und Giftstoffe dort im Meer verklappen. Dadurch verloren ganze Landstriche ihre Existenzgrundlage. Die ehemaligen Fischer führen nun ihre nutzlos gewordenen Boote einem neuen Zweck zu. Sie holen sich einen winzigen Teil des Reichtums derjenigen Industrienationen, die ihre Armut ganz unmittelbar zu verantworten haben. Nachdem diese dort die eigenen Fischereiflotten bei der Zerstörung der Lebensgrundlagen von tausenden von Menschen hatten gewähren lassen, wird nun das Militär entsandt, um jene umzubringen, denen es nicht reicht als arme Hungeropfer auf Werbeplakaten der Welthungerhilfe zu erscheinen. Der Bundeswehr, die das durchführt, auch noch die Möglichkeit zu geben, es in der Universität oder sonstwo zu verteidigen, ist widerlich. Umso hohnvoller erscheint die Forderung der DAF an das Plenum der im Rahmen der Bildungsproteste blockierten Räume im VG, sich von der Aktion zu distanzieren. Doch wer sich mit der Bundeswehr einlässt, soll sich über den Widerstand nicht wundern. Bundeswehr: wegtreten!


1) Interessanter Artikel aus operaistischer Perspektive zur „modernen Piraterie“ unter: http://www.akweb.de/ak_s/ak541/30.htm

Erschienen am: 13.01.2010 zuletzt aktualisiert: 13.01.2010 20:39 AutorIn: email-address