Offener Brief der studentischen Vollversammlung an die Professoren und Professorinnen des Seminars für Mittlere und Neuere Geschichte

Wir fühlen uns vor den Kopf gestoßen. Unsere Anliegen fanden im Vorstand keinerlei Berücksichtigung und unsere Forderungen zur Verbesserung der Studienbedingungen wurden von Ihnen abgeschmettert. Anscheinend haben Sie keinerlei Interesse an den von Studierenden vorgebrachten Forderungen und Bedürfnissen. Wir fragen uns: warum ist das so?

Schließlich sind wir diejenigen, die unter den aktuellen Bedingungen studieren müssen und unter ihnen leiden. Trotzdem haben wir in den bestehenden Formen der universitären Verwaltung keine Möglichkeiten, unsere Bedürfnisse und Interessen geltend zu machen. In den Gremien der Universität sind wir Studierende strukturell unterrepräsentiert. Der Vorstand, jenes Gremium, in dem die studentischen Forderungen umgesetzt werden sollten, setzt sich aus den Stimmen aller ProfessorInnen, zweier MittelbauvertreterInnen und lediglich einer studentischen Vertretung zusammen. Somit sind wir, trotz der Solidarität des Mittelbaus für unsere Anliegen, nicht diejenigen, die über unsere Belange und unser Studium entscheiden, sondern sind auf das Wohlwollen der ProfessorInnen angewiesen. Der Mittelbau ist in einer vergleichbaren Situation. Ein Beispiel dafür ist, dass die Neuorganisation der IPSe - welche zunächst auf den studentischen Vollversammlungen ausgearbeitet und über eine paritätisch besetzte Kommission in den Vorstand eingebracht wurde - nun vollkommen losgelöst von studentischer Beteiligung neu verhandelt wird. Diese Neuverhandlung hat mit den ursprünglichen Forderungen der Studierenden nichts mehr gemein und ist zugleich exemplarisch für die Blockierung studentischer Selbstbestimmung.

Wir würden gerne erfahren, warum unsere Forderungen abgelehnt wurden und erwarten daher von Ihnen eine entsprechende Stellungnahme. Es erscheint uns problematisch und nicht vertretbar, dass Sie die Entscheidungsgewalt über das Studium haben, das wir studieren müssen.

Wir wollen nicht von Ihnen hören, dass jedeR ProfessorIn seine/ihre eigene Meinung habe und deshalb eine Entscheidung im Vorstand nicht möglich sei. Ihre persönlichen Meinungen sind für uns in dieser Sache nicht ausschlaggebend, denn wir erwarten von Ihnen nicht mehr und nicht weniger als die Umsetzung der studentischen Forderungen.

Wir wollen nicht von Ihnen hören, dass eine Umsetzung nicht möglich sei, da eine dann notwendig werdende Neuakkreditierung gefährdet wäre. Dies ist eine fadenscheinige Argumentation, wie die Umstrukturierung der Studiengänge der Philosophie und der Germanistik zeigen. Ein Großteil der Studiengänge in der Bundesrepublik ist ohnehin nicht akkreditiert, ohne dass dies Auswirkungen auf die Anerkennung von Abschlüssen hätte.

Wir wollen nicht von Ihnen hören, dass Sie derzeit kaum Handlungsbedarf sehen, da in der Politik angeblich eh „Verbesserungen“ geplant würden. Veränderungen sind jetzt notwendig und wir lassen uns nicht auf eventuelle politische Entscheidungen vertrösten, die vielleicht in unbestimmter Zeit gefällt werden.

Wir wollen nicht von Ihnen hören, dass Sie angeblich nichts verändern könnten und Entscheidungen immer auf übergeordnete Organe abwälzen. Sie verfügen bezüglich der eingebrachten studienpraktischen Forderungen über volle Entscheidungskompetenz und wir erwarten, dass Sie diese in unserem Sinne nutzen. Uns ist bewusst, dass Sie über die politischen Forderungen (uneingeschränkter Zugang zu Masterplätzen, Abschaffung der Studiengebühren, strukturelle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für Institutsangestellte) nicht entscheiden können, aber wir verlangen eine deutliche Positionierung zu diesen Problemen.

Wir wollen nicht von Ihnen hören, dass eine Institutsvollversammlung, als ein tatsächlich demokratisches Gremium, das sich aus allen Institutsangestellten und allen Studierenden zusammensetzt, in der Satzung nicht vorgesehen sei. Nicht die von uns eingeforderte demokratische Partizipation ist dabei das Problem, sondern eine Satzung, die diese ausschließt. Wir wissen, dass diese undemokratische Regelung gesetzlich festgelegt ist, wir wissen aber auch, dass Gesetze veränderbar sind und ausgelegt werden. So kann die Form der Mitbestimmung im Vorstand, trotz gesetzlicher ProfessorInnen-Mehrheit, durchaus auch am Seminar bereits jetzt paritätisch umgestaltet werden.

Wir wollen nicht von Ihnen hören, wie Sie in Seminaren und in unverbindlichen Flurgesprächen den Bachelor kritisieren, vielleicht bloß weil es zum guten Ton gehört, gleichzeitig aber jegliche praktische Veränderung blockieren.

Wir wollen Sie nicht als konkrete Personen angreifen, sondern wir greifen jene Strukturen an, die es uns unmöglich machen, über unsere eigenen Belange und unser Leben zu bestimmen.

Wir wollen von Ihnen, dass Sie die Forderungen für uns umsetzen und gleichzeitig mit uns gemeinsam für demokratische Entscheidungsstrukturen eintreten, sodass für zukünftige Forderungen und Studierendengenerationen eine Auseinandersetzung wie die derzeitige nicht mehr notwendig sein wird.

Wir fordern Sie auf, bis zur nächsten studentischen Vollversammlung des SMNG am 13. Januar 2009, hierzu Stellung zu nehmen und sich in obigen Sinne zu positionieren!

Ihre Stellungnahme können Sie uns entweder per E--Mail (email-address) oder per Post (Roter Buchladen Göttingen, Nikolaikirchhof 7, 37073 Göttingen, c/o BG-Geschichte) zukommen lassen.

Mit freundlichen Grüßen

Die studentische Vollversammlung des Seminars für Mittlere und Neuere Geschichte

Erschienen am: 13.01.2010 AutorIn: Die studentische Vollversammlung des Seminars für Mittlere und Neuere Geschichte